Als vor gut drei Wochen mit einigem Tamtam der erste Parkscheinautomat aufgestellt wurde, gab Stadtrat Jens-Holger Kirchner noch den Harten: Gleich vom 1. Oktober an sollte bei Park(schein)sündern konsequent durchgegriffen werden: „Eine Karenzzeit gibt es nicht. Wir haben lange genug informiert.“ Nun, Stunden vor dem offiziellen Beginn der Parkraumbewirtschaftung steht Kirchner ziemlich nackicht da: Statt der vorgesehenen 447 Ticketspender sind derzeit nur 270 verfügbar. 177 in den Straßenrand gegrabene Löcher samt der darin gegossenen Fundamente bleiben vorerst ohne Aufbau. Doch Kirchner ficht das nicht an, Abkassiert werden soll auf jeden Fall. Anwohner mit Vignette beträfe der Euro-Grab-Engpass ja nicht und alle anderen Autofahrer müssen ein paar Schritte mehr in Kauf nehmen: „Etwas längere Wege zum Automaten halte ich für zumutbar.“ Etwas längere Wege? Die Ahlbecker Straße beispiels-
weise ist knapp 300 Meter lang und völlig Parschein-
automatenfrei. Nachdem also der ortsfremde Parker ergebnislos die Ahlbecker einmal rauf und runter gejoggt ist, hat er schon mal einen halben Kilometer hinter sich gebracht.
Doch entgegen anderslautenden Gerüchten gibt es in Prenzlauer Berg tatsächlich auch schon Straßen, in denen weit verstreut einzelne Parkscheinautomaten – hoffentlich – voll funktionstüchtig zur Verfügung stehen. Die Dunckerstraße ist so eine. Dort stehen auf einer Strecke von rund einem Kilometer drei Parkschein-
automaten. Dass heißt aber nicht, dass sie auch für jedermann jederzeit erkennbar sind. Denn während man andernorts derartige Geräte mit großen, hoch angebrachten Schildern veresehen hat, üben sich die Prenzlauer Berger Säulen in stiller Bescheidenheit. Da genügt – wie auf dem Bild oben zu sehen – ein ganz normaler Kleintransporter, um sie unsichtbar zu machen. Doch auch bei halbwegs freier Sicht (siehe Bild rechts) bedarf es schon eines Adlerblickes, um die Parkerlaubnisdrucker überhaupt zu erspähen. Da sollte es nicht verwundern, wenn der eine oder andere Parklückennutzer die Suche irgendwann aufgibt.
Für die mangelnde Vertragstreue des Automatenherstel-
lers ist Stadtrat Kirchner nicht verantwortlich. Dafür, dass die Säulen von vielen Stellen aus gar nicht zu erkennen sind, schon. „Ab Freitag werden unsere Mitarbeiter Autofahrern auf den nächsten Automaten hinweisen“, ließ sich der Stadtrat von einer Zeitung zitieren. Fragt sich nur:
Vor oder nach dem abkassieren?
Update: Stadtrat Jens-Holger Kirchner erklärte am 1. Oktober, dass das Fehlen von weithin sichtbaren Kennzeichnungen der Parksäulen ebenfalls seinen Grund in der Vertragsverletzung der Firma Parkeon hat. Der Bezirk hatte die entsprechende Beschilderung bestellt, sie wurde aber bisher nicht in ausreichender Menge geliefert. Die Säulen werden in den kommenden Wochen nachgerüstet.
Weitere Artikel zum Thema:
Arbeitsgruppe Parkraumbewirtschaftung liegt flach –
keine Sprechstunden
Erweiterte Parkraumbewirtschaftung: Die Post geht ab
Parkzonenerweiterung: Neues Schild und keine Hosen
Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung liegt im Plan
Knöllchenschreiber dringend gesucht
Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung erst ab April 2013?
Parksünder widersprechen selten
Humannplatz, Bötzowviertel: Neue Parkzonen in Sicht
Parkzonen in Prenzlauer Berg: Schluss mit Kulanz
Neue Parkzonen: Machbarkeitsstudie beschlossen
Parkraumbewirtschaftung – das erste Quartal
Parkschein via Handy
Kirchner will bis zu 300.000 Euro Schadensersatz
Protokoll eines Desasters
Parken für Geld – es geht los
sybille
Okt 15. 2010
Der Parkscheinautomat auf dem Bild ganz unten ist als
solcher jedenfalls klar zu erkennen. Tür öffnen, Geld hinein legen.
geht alles wie von selbst.