War das Ende der Tagung – 23 Uhr – auch fest terminiert, so gestaltete sich die gestrige Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Mitte in anderen Punkten durchaus sehr flexibel. Schon der Beginn der Veranstaltung – auf 17.30 Uhr angesetzt – verschob sich um ein schlappes Stündchen. Das war exakt jene Zeit, die der Ältestenrat benötigte, um einige Tagesordnungspunkte rund um die Planschbecken des Bezirks zu einer Themenstunde zusammenzufassen und an den Beginn der Sitzung zu stellen.
Dann aber ging es auch schon los.
Unter anderem mit der Abstimmung darüber, ob die Bezirksverordnetenversammlung der Meinung ist, dass der
erst tags zuvor vom Stadtentwicklungsausschuss beschlossene Antrag über die Maximalbebauung des Mauerpark-Nordteils eine Dringlichkeit besitzt, so dass der Antrag noch auf dieser Sitzung beraten und beschlossen werden muss.
Eine knappe Mehrheit von 23 Bezirksverordneten – die der Zählgemeinschaft von SPD und CDU – war genau dieser Ansicht, 21 andere hatten da so ihre Zweifel.
Gegen 20 Uhr trudelten interessierte Zuschauer aus Pankow ein: Die „Freunde des Mauerparks“, Vertreter der „Bürgerwerkstatt“, Genossen der Pankower SPD. Und, ja, natürlich, Aktivisten von der „Mauerpark Stiftung Welt-Bürger-Park“.
Die Welt-Park-Bürger führten wie stets ihr tiefblaues Vereins-Transparent mit sich, das sie, wo immer sie länger als zwei Minuten verschnaufen, weithin sichtbar in die Landschaft hängen. Als Landschaft diente diesmal eines der großen Fenster des viel zu kleinen BVV-Saales.
Angesichts der ungeheuren suggestiven Strahlkraft des blauen Banners fürchtete die SPD-Fraktion wohl um die knappe rot-schwarze Mehrheit und verlangte eine sofortige Entfernung. Andere Fraktionen waren mutiger und hatten offenbar nichts dagegen, auch während der Beratungen der Gefahr direkt ins Auge zu blicken.
Ergo: Ein weiterer Fall für den Ältestenrat.
Und der beschloss nach eingehender Beratung, dass das Transparent des Grauens von seinem Platze zwar entfernt, aber zwei Fenster weiter wieder aufgehängt werden darf.
Weil: Dort befände sich der – imaginäre – Zuschauerraum.
Nachdem die unzulässige Beeinflussung frei gewählter Bezirksverordneter nun nachhaltig gebannt war, wurde die Sitzung fortgeführt.
Um kurz darauf wieder unterbrochen zu werden.
Für die reguläre Tagungspause.
Zehn vor halb Zehn (für Zugezogene: Zwanzig nach Neun) nahm die BVV frisch ausgeruht ihre Arbeit wieder auf.
Kurz vor 22 Uhr dämmerte es nicht nur draußen zur Nacht,
sondern auch der CDU-Fraktion, dass bei numerischer Abarbeitung der Tagesordnung die Causa Mauerpark frühestens eine Stunde nach Mitternacht aufgerufen werden würde.
Theoretisch.
Denn praktisch fällt bei der BVV Mitte um 23 Uhr der Hammer, und alles, was bis dahin nicht verhandelt wurde, kommt erst bei der nächsten Sitzung aufs Tapet. Konkret hieße das: Nach der Sommerpause, irgendwann Ende August.
Also schritt man zur Tat und beantragte, die nun auf der
Agenda stehenden Großen Anfragen zu verschieben und dafür den Haushaltsänderungsantrag sowie die Mauerparkbebauung vorzuziehen.
„Tagesordnung ist Tagesordnung!“, riefen daraufhin die
Grünen. Die habe man schließlich zu Beginn der Sitzung beschlossen und könne sie nicht einfach so nach Gutdünken wieder ändern.“Doch!“, rief die CDU zurück.
Also: Ältestenrat.
Der verkündete schon zwanzig Minuten später die Zulässigkeit einer Abstimmung über die Änderung der Tagesordnung.
Auch gut, meinten die Grünen und verlangten – wennschon, dennschon – dann bitte aber auch eine geheime Abstimmung. So mit Wahlkabine, Stimmzettel und allem Drum und Dran.
Das hielt die CDU nun für völlig daneben. Das Angebot des BVV-Vorstehers, den Ältestenrat zusammenzurufen, fanden aber bloß noch die Piraten gut.
Das Ergebnis der Abstimmung war erwartungsgemäß. Also kam nun die Haushaltskorrektur an die Reihe. Die Debatte fiel mit rund 50 Minuten für eine Etataussprache äußerst kurz aus. Doch als der letzte Redner geendet hatte, war es bereits 23.12 Uhr.
Und und so flexibel man in Mitte bei der Gestaltung einer BVV-Tagung auch sein mag – eines ist dort unumstößlich: Nach nachts um Elfe geht nichts mehr.
Somit steht der Antrag zur Bebauung der Mauerpark-Nordseite erst nach der Sommerpause zur Abstimmung. Die Bebauungsgegner haben einen kleinen Zeitgewinn geschenkt bekommen.
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