Der Pankower SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Thierse hat heute (Dienstag) bekannt gegeben, nicht wieder für den Bundestag zu kandidieren. In einer auf seiner Website veröffentlichten Presseerklärung teilt der ehemalige Bundestagspräsident mit:
„Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden, bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr nicht wieder anzutreten. Ich bin gerne, ja mit Leidenschaft Parlamentarier – im kommenden Herbst werden es 24 Jahre gewesen sein.
Ich habe mich mit vielen Themen befassen können, war an wichtigen politischen Entscheidungen beteiligt und war, so glaube ich, eine vernehmbare Stimme, insbesondere für Ostdeutschland und Berlin. Für das Vertrauen, dass mir immer wieder entgegengebracht wurde, bin ich dankbar.“
Seit 2002 war Wolfgang Thierse auf den Bundestagswahlkreis Berlin-Pankow quasi abboniert und konnte ihn zwei mal in Folge gewinnen. Bei der Bundestagswahl 2009 musste er jedoch dem Linkspartei-Kandidaten Stefan Liebich den Vortritt lassen.
Noch im April hatte Wolfgang Thierse gegenüber der Berliner Zeitung auf die Frage nach einem möglichen Verzicht auf eine erneute Kandidatur geantwortet: „Dazu nur so viel: Ich halte mich für ziemlich munter und gesund.“
Potentieller Nachfolger bereits in den Startlöchern
Allerdings äußerte er bereits da seine Unzufriedenheit mit der Entwicklung innerhalb der Berliner SPD; insbesondere die Machtkämpfe zwischen dem langjährigen Berliner SPD-Vorsitzenden Michael Müller und dessen damligen Herausforderer Jan Stöß stießen auf seine Kritik. Stöß hatte schließlich gegen Müller die Oberhand behalten und wurde vom Landesparteitag zum neuen Berliner SPD-Vorsitzenden gewählt.
Am 3. August – Wolfgang Thierse befand sich noch in seinem Jahresurlaub – meldete dann der Pankower Bezirksverordnete Klaus Mindrup parteiintern seine Bewerbung für eine Kandidatur an. Zwei Tage später wurde die Bewerbung öffentlich gemacht. Klaus Mindrup zählt zum Kreis der Unterstützer des neuen Berliner SPD-Vorsitzenden Jan Stöß.
In einem Brief an den Pankower Kreisvorsitzenden der SPD Alexander Götz bekennt Wolfgang Thierse, dass ihm der Abschied von der Politik nicht leicht fallen wird. Weiter schreibt er:
„Aber ich weiß auch, dass ich im Herbst 2013 siebzig Jahre alt werde. Vor allem weiß ich auch, dass sich schlecht erfolgreich Wahlkampf machen lässt, wenn sich einige, wichtige Mitglieder des Kreisvorstandes bereits seit längerem auf einen Nachfolger verständigt haben, weil ’nun endlich auch mal jemand anderes dran sei …’“
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© Foto: Dirk Grabowski
Prenzelberger
Aug 28. 2012
… Und war ja klar, dass an dieser Stelle die Kandidatur von Severin Hoehmann nicht erwähnt wird. Nur Buddy Mintrup wird exklusiv präsentiert. Naja, wenn die Sozen sich selbst zerlegen wollen, dann stellen sie den Mintrup auf. Besser wäre aber der Severin Hoehmann, der fast Ratzmann geschlagen hat und in der Bevölkerung bekannt ist, positiv. Wer kennt den schon den Mintrup.
Icke
Sep 01. 2012
@Pernzelberger:
Sie scheinen Herrn Mindrup ja so schlecht zu kennen dass Sie nicht einmal wissen wie sein Name geschrieben wird. Zudem meine ich dass zu dem Zeitpunkt als der Artikel verfasst wurde noch keine Kandidatur von Severin Höhmann vorlag.
Höhmann scheint ja ein durchaus sympathischer Zeitgenosse zu sein. Aber ehrlich gesagt weiß ich nicht wofür er politisch steht. Bei Klaus Mindrup hingegen ist bekannt dass er seine Meinung auch gegen Widerstände vertritt. Ob soziale Wohnungspolitik oder Mauerpark, seine Standpunkte sind klar, und wenn er von etwas überzeugt ist scheut er auch nicht die Auseinandersetzung mit dem Senat. Nach seinem Eintreten für Jan Stöß und noch mehr nach seinem Beitrag hier in der Prenzlberger Stimme zur geplanten Vereinbarung mit CA Immo dürfte er bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung das sprichwörtliche „rote Tuch“ sein. Bei Höhmann habe ich eher den Eindruck dass er im Zweifelsfall eher einen Weg einschlägt der nicht zu beschwerlich ist.
Will man in Pankow einen Kandidaten der seine eigene Linie verfolgt oder einen der im Strom mit schwimmt?
mecki
Aug 28. 2012
Höhmann kandidiert? Schröder ja auch. Die Verlierer der Abgeordnetenhauswahlen treten an.
Helmholtzplatzbewohnerin
Aug 31. 2012
Mindrup hat seine Kandidatur einen Tag vor der Klausur des Kreisvorstandes am 4. August bekannt gegeben. Auf der Tagesordnung stand auch die Vorbereitung der Bundestagswahl. Wolfgang Thierse gehört dem Kreisvorstand an. Die Klausur fand nach Ende der Schulferien statt. Wolfgang Thierse hat es vorgezogen, zu dieser Zeit zu urlauben. Die letzte Sitzungswoche des Deutschen Bundestages endete am 29. Juni. Der Betrieb beginnt wieder am 10. September.
Kastanie
Sep 11. 2012
Man weiß eh nicht mehr was man von Wolfgang Thierse halten soll. Mittlerweile ist ja bekannt dass er bereits im Vorfeld der letzten Bundestagswahl parteiintern erklärt hat, 2013 nicht mehr anzutreten. Falls er seine Meinung zwischenzeitlich geändert haben sollte, wieso hat er das denn nicht frühzeitig signalisiert? Hat er gehofft es würde sich kein anderer Kandidat finden? Wie auch immer, er selbst war in der Pflicht sich gegenüber der Partei rechtzeitig zu äußern. Dieser Verantwortung ist er nicht nachgekommen. Jetzt spielt er einerseits die „beleidigte Leberwurst“ und deutet an aus dem Amt gedrängt worden zu sein, andererseits erklärt er aber im Interview mit dem Tagesspiegel er sei zu alt, um im nächsten Jahr noch Wahlkampf zu machen.
Wolfgang Thierse kann auf eine große politische Karriere zurückblicken. Als Bundestagspräsident hat er dem Parlament ein eigenes Gesicht gegeben, und auch sein Kampf gegen den Rechtsextremismus ist beispielhaft. Wieso bekommt man jetzt plötzlich den Eindruck, es mit einem kleinkarierten Menschen zu tun zu haben? Ist es das Alter oder die fehlende Fähigkeit, loslassen zu können? Wenn jemand Thierses Ruf schädigt, dann ist es in erster Linie er selbst. Dabei gäbe es für ihn auch in den nächsten Jahren noch genügend zu tun. Ein Abschied aus dem Bundestag muss nicht gleichzeitig auch einen Abschied aus dem öffentlichen Leben bedeuten.
Kompagnero
Sep 02. 2012
Wolfgang Thierse tritt ab und es wird mit seinem Nachfolger nicht besser um die SPD. Thierse hat sich nie für seinen Wahlkreis interessiert, ihm waren die großen Themen der Bundespolitik wichtiger. Von daher war der Verlust des Direktmandats gerechtfertigt. Die SPD in Berlin insgesamt ist in einem bedauerlichen Zustand. Die BER-Katastrophe ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Volkspartei hat keine Idee wie sie diese Stadt/Bundesland erfolgreich regieren kann. Lieber führt die Partei ideologische Grabenkämpfe als sich um die gravierenden Probleme im Bildungsbereich, in der Integration, etc. zu kümmern.