Mauerparkerweiterung: Der Vertragsentwurf

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Wenn am morgigen Dienstag der Ausschuss für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne der BVV Mitte zu seiner außerordentliche Sitzung zum Thema Mauerparkerweiterung zusammentritt, dann wissen die Bezirksverordneten zumindest offiziell noch gar nicht, worüber sie debattieren. Denn die Basis der Erweiterungspläne ist der Vertrag, der zwischen der CA Immo – der Eigentümerin der Erweiterungsflächen – auf der einen, und dem Land Berlin sowie dem Bezirk Mitte auf der anderen Seite abgeschlossen werden soll.
Doch die Bezirksverordneten von Berlin-Mitte, die zwei Tage nach der Ausschusssitzung über die Mauerparkerweiterung befinden sollen, werden von der Senats- und der Bezirksverwaltung bis heute über die Details des Deals mit der CA Immo im Dunkeln gelassen. Keine Vorlage an die gewählten Volksvertreter, nichts, worauf sich die Bezirksverordneten bei ihrer Entscheidungsfindung beziehen könnten. Ein Antrag auf Akteneinsicht – vor mehr als drei Wochen von der Linksfraktion der BVV Mitte gestellt – hat bis zur Stunde nicht einmal eine Eingangsbestätigung erfahren.

Dafür gab es in der vergangenen Woche eine Pressekonferenz, auf der Staatssekretär Christian Gaebler (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt), Bezirksstadtrat Carsten Spallek (in Mitte zuständig für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung ) und Henrik Thomsen (CA Immo GmbH Berlin) Fragen zur Vertragsgestaltung beantworteten.
 

„…mindestens 58.000 m² Geschossfläche…“

Allein: Die Antworten der drei Herren scheinen nicht in jedem Punkt mit dem Inhalt des Vertragsentwurfes, der der Prenzlberger Stimme vorliegt (siehe Download unten), übereinzustimmen.

So wurde bisher stets der Eindruck erweckt, 58.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche seien die Obergrenze für die Bebauungsdichte im Norden des Parks. Dementsprechend kulant gab sich auch Henrik Thomsen, der Leiter der Berliner Niederlassung der CA Immo: Sollten es bei der Bebauungsplanung ein paar Quadratmeter weniger werden, könne man damit durchaus leben.
Anders liest es sich im Vertragsentwurf:

Teil B
Städtebauliche Regelungen

§ 3

Ziel und Verfahren der weiteren Bauleitplanung
(…)

(2) Ziel der Planung ist ein allgemeines Wohngebiet, in dem insgesamt mindestens 58.000 m² Geschossfläche (gem. § 20 Abs. 3 BauNVO) festgesetzt werden sollen und das sich an dem Entwicklungskonzept gem. § 2 orientiert.

(Hervorhebung: Prenzlberger Stimme)

 

„Ausgleich“ bei einem „wirtschaftlichen Nachteil“ für die CA Immo

Nun ist es unbestritten, dass der Vertrag eine Bebauungsplanung nicht ersetzt.
Doch während auf der besagten Pressekonferenz erklärt wurde, dass für den Fall, dass die vertraglich festgelegte Bebauungsgröße nicht zustande kommt, lediglich eine Rückabwicklung vereinbart werde und das Land also nicht mit Ersatzzahlungen in Regress gehen muss, steht im vorliegenden Vertragsentwurf folgendes:

Teil B
Städtebauliche Regelungen

§ 8

Ausgleich bei Nicht-Entwicklung des Wohngebiets
(…)
1. Zum 31.12.2013 werden die Parteien eine Bilanz hinsichtlich der im vorgesehenen WA zulässigen Geschossfläche
gem. § 20 Abs. 3 BauNVO erstellen und feststellen, ob und ggf. welche Abweichungen der planungsrechtlich
zulässigen Nutzung nach Art und Maß vom vorgesehenen Entwicklungskonzept vorliegt.
(…)

2. Weicht die Bilanz gem. 1. zum wirtschaftlichen Nachteil von CA Immo von dem vereinbarten Entwicklungskonzept ab, hat CA Immo das Recht, einen Ausgleich in analoger Anwendung des § 42 BauGB zu verlangen. Bei dessen Berechnung wird das Entwicklungskonzept als „zulässige Nutzung“ und die zum Stichtag
aufgrund eines B-Plans oder dessen Nichtfestsetzung stattdessen zulässige Nutzung als „Änderung“ i.S.d. §42 Abs. 2 BauGB zugrunde gelegt.

Paragraph 42 Baugesetzbuch regelt die Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung.

 

„Sollte ein Eingriff in das Denkmal Gleimtunnel (…)

Die Erschließung des Wohngebietes, so hieß es auch in der vergangenen Woche wieder, werde über eine Rampe vor der westlichen Einfahrt zum Gleimtunnel erfolgen.
Und: Der denkmalsgeschützte Gleimtunnel werde in seinem Bestand nicht angerührt. Dies sei überhaupt nicht nötig.
Die Selbstsicherheit, mit der diese Behauptung vorgetragen wurde, musste sich bei den Beteiligten von Bezirk, Senat und CA Immo erst kurz vor der erwähnten Pressekonferenz eingestellt haben. In Vertragsentwurf klingt das nämlich noch so:

Teil C
Erwerbsverträge

§ 4

Regelungen zum Gleimtunnel

(…)

(3) Die Vertragsparteien gehen weiterhin davon aus, dass im B-Planverfahren frühzeitig zu prüfen sein wird, wie eine städtebaulich angemessene und ausreichend leistungsfähige Erschließung der WA-Fläche gem. Teil B § 5 Abs. 1 von der Gleimstraße gesichert werden kann. Sollte ein Eingriff in das Denkmal Gleimtunnel aus Sicht der Erschließungsplanung erforderlich sein, werden die Vertragsparteien gemeinsam den Eigentümer des Gleimtunnels bei der Stellung der erforderlichen Anträge für Maßnahmen zur Herstellung der geplanten Erschließung sowie sonstiger im Bebauungsplan festgesetzter oder im Erschließungsvertrag vereinbarter Vorhaben unterstützen.

 

Selbstverständlich hätte die Prenzlberger Stimme die in Sachen Mauerparkerweiterung Verantwortlichen gern zu den offensichtlichen Differenzen zwischen dem Inhalt des Vertragsentwurfes und den von Ihnen öffentlich gemachten Aussagen befragt. Doch leider fanden weder Staatssekretär Christian Gaebler, noch Bezirksstadtrat Carsten Spallek bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels (Montag, 12 Uhr) Zeit, zur Aufklärung der Widersprüche beizutragen.

 

Download:

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5 Kommentare zu “Mauerparkerweiterung: Der Vertragsentwurf”

  1. rutzel

    Sep 13. 2012

    Auf der fortgesetzten Sitzung (die begonnene wurde auf Grund massiver Proteste im BVV-Saal abgebrochen) der BVV Mitte in der Aula des Max-Planck-Gymnasiums wurde der Antrag der CDU/SPD zur Bebauung des Mauerparkes denkbar knapp durch gewunken. Zuvor gab es den angekündigten Protest gegen jede Art von Bebauung wieder kreativ inszeniert von Kindern, Eltern und Sympathisanten*innen. Nur mit Platzkarten kam man in die Aula. Das unwürdige Prozedere der Kartenbestellung hatte dann doch nicht so viele Bürger*innen abgeschreckt, wie manche erhofft hatten. Der Mauerpark wurde in einer 45-minütigen Aussprache behandelt. Interessant war zu beobachten, wie verschieden sich die einzelnen Fraktionen dazu verhielten. Die Linke unterstützte die Protestierenden in ihrem Anliegen und stimmten gegen die Bebauung. Sie hatten argumentative Tiefe und Komplexität in ihren Ausführungen und stellten die Zusammenhänge zur sozialen und nachhaltigen sowie partizipativen Stadtplanung her. Für die CDU ist die Bebauung alternativlos, da die Verträge sowieso schon geschlossen sind und man rechtlich gar nicht mehr raus käme. Für Unmut unter den Gästen sorgten die Taschenspielertricks des Redners: entweder so oder gar nicht..und wir wollen doch einen schön bebauten Mauerpark…Die SPD hat, opportunistisch wie immer, Bauchschmerzen mit ein paar Formulierungen, ist aber sonst dafür, es muss ja weiter gehen. Die Grünen versteckten benötigte sachliche Argumentationskraft hinter parteipolitischem Gezänk. Die Piraten waren redetechnisch eher dünn, aber dagegen. Otto von der Freien Schule am Mauerpark konnte schließlich noch seine Petition gegen eine Bebauung überreichen, was den Versammlungsvorsitzenden zu dem ungeheuerlichen Vorwurf, man hätte Kinder instrumentalisiert, hinreißen lies und mit lautstarken Protest beantwortet wurde. Dieser hatte schon im Vorfeld mit völlig überzogenen und deplazierten Disziplinierungsversuche die Bürger*innen zu drangsalieren und einschüchtern versucht. Am Ende wird man sehen, inwieweit der Protest der Zivilbevölkerung gegen die Pläne der Immobiliengesellschaft, der man mit der Abstimmung parlamentarisch freie Hand gewährt, mit Leben zu erfüllen sind und diese Pläne durchkreuzt oder verwirklicht werden. Der Mauerpark wird sich verändern. Ob sich dann immer noch so viele Menschen im Park wohl fühlen, hängt von vielen ab und wird die Zeit zeigen.

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