Riester, Rürup, Schröder und der Mauerpark

ZwischenrufUm es gleich vorwegzunehmen: Der Autor dieser Zeilen ist der festen Überzeugung, dass deutsche Politiker – und darüber hinaus alle mit Politik befassten Deutschen – nicht nur unbestechlich, sondern unbestechbar sind.
So absolut unbestechbar, wie es nur noch Amts- und Mandatsträger aus der Elfenbeinküste, dem Tschad, Myanmar, Sudan, und Nordkorea sind – mithin alles Staaten, für die die Ratifizierung der UNO-Konvention gegen Korruption ebenso überflüssig ist, wie für die Bundesrepublik.
Diese Selbstverständlichkeit sei hier nur deshalb erwähnt, damit dem Autor nicht etwa irgendwelche unhaltbaren Vermutungen unterstellt – oder schlimmer noch – bei ihm Unterstellungen unhaltbar vermutet werden. Von vermutlich unterstellten Unhaltbarkeiten ganz zu schweigen.

 

WALTER RIESTER war einmal Fliesenleger, später Zweiter Vorsitzender der IG Metall und schließlich Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Danach war er noch ein paar Jahre als Bundestagsabgeordneter zugange.
Als Minister erfand er die sogenannte Riesterrente, eine kapitalgedeckte Altersvorsorge, die großzügig mit staatlichen Mitteln gefördert wird.

Schon rund ein Jahrzehnt nach ihrer Einführung wurde offenbar, dass „Riestern“ künftigen Rentnern zwar ziemllich wenig bringt, der Versicherungs- und Finanzdienstleisterbranche hingegen Milliardengewinne in die Kassen spült. Fast alle waren ob dieser unerwarteten Erkenntnis doch sehr überrascht – außer vielleicht jene verschwindend kleine Minderheit, die im Grundschulrechenkurs, Kapitel 1 („Eins plus Eins ist Zwei“) nicht unentschuldigt gefehlt hatte.

Nachdem Walter Riester den Ministersessel mit der Abgeordnetenbank getauscht hatte, zog es ihn kaum noch ans Rednerpult des Parlaments, wo er lediglich für lau… äh… für eine lausige Monats-Diät (plus „allgemeine Kostenpauschale“) von rund 10.000 Euro seine Stimme erheben musste. Dafür konnte man seinen Worten immer häufiger in den Tagungssälen deutscher Unternehmen lauschen.

Nicht selten gehörten die gut zahlenden Einlader – welch Zufall – der Finanz- und Versicherungsbranche an.

Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahr 2009 sind 69 bezahlte Tätigkeiten Riesters aktenkundig – um die fünfzig davon in der höchsten Offenlegungsstufe „über 7.000 Euro“.
Das entspricht einem von Finanz- und Versicherungsdienstleistern gesponserten Zusatzverdienst von mindestens 404.000 Euro.
„Mindestens“ deshalb, weil solcherart Honorare (siehe Steinbrück) meist bedeutend höher ausfallen. Man kann also von einem Millionen-Nebenverdienst ausgehen – gezahlt von jenen Unternehmen, denen die Riesterrente exorbitante Gewinne bescherte.

Einer jener Unternehmenschefs, die Riesters markante Stimme so sehr mochten, dass sie ihn mehrfach einluden, war ein gewisser Carsten Maschmeyer, der einen auf einem Schneeballsystem basierenden Strukturvertrieb von Finanzdienstleistungen namens AWD führte.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag wurde der Ex-Minster Aufsichtsrat bei der Union Asset Management, einer der größten Anbietergesellschaften von… Riesterenten.
Darüber hinaus ist Walter Riester im Auftrag einer Firma von Carsten Maschmeyer tätig.

 

HANS-ADALBERT „BERT“ RÜRUP war Student der wirtschaftlichen Staatswissenschaften, Professor der Finanz- und Wirtschaftspolitik und „Wirtschaftsweiser“ der Bundesregierung.

Also ein unabhängiger Wissenschaftler und Politikberater.

Als ein solcher war er von 1999 bis 2001 Mitglied im Expertenkreis des Bundesarbeitsministers zur Vorbereitung der Rentenreform (u.a. „Riesterrente“).

Und was dem Riester gut war, konnte dem Rürup nur billig sein: Als Pendant zum Riestern erfand er das… ähm… „Rüruppen“. Also die kapitalgestützte und vom Staat großzügig bezuschusste Zusatzrente für Selbstständige.

Auch hier: Milliardengewinne für die Versicherer – Almosen für die Einzahler.

Ganz nebenbei setzte er dann noch die 100prozentige Erbschaftssteuer durch – die allerdings wird nicht an die Staatskasse abgeführt: Sollte ein künftiger Rüruprentner dem vorzeitigen Ableben anheimfallen, so geht das angesparte Kapital an das Versicherungsunternehmen…

Nach dem Ende seiner (natürlich wirtschaftsunabängigen) Regierungsberater-Tätigkeit, wurde Rürup – Zufälle gibt’s! – Chefökonom bei Carsten Maschmeyers Schneeball-Finanzdienstleister AWD.

Und weil der Carsten so ein netter Junge ist, gründete er mit ihm kurze Zeit später eine Beratungsgesellschaft für Banken, Versicherungen und Regierungen: Die MaschmeyerRürup AG. Auch Riester ist da mit von der Partie.

 

GERHARD „ACKER“ SCHRÖDER (GAS-GERD) war Volksschüler, Einzelhandelskaufmann, Rechtsanwalt, Ministerpräsident und Bundeskanzler.
Gerade der letztgenannte Job musste eine Art „prekäre Beschäftigung“ gewesen sein, denn die Ehefrau des Brioni-Kanzlers klagte später: „…ich hätte mir all die tollen Kleider gar nicht kaufen können, wir hatten einfach nicht das Geld. Mein Einkommen war weggefallen, und das meines Mannes war wegen seiner Vergangenheit auch finanziell begrenzt.“

Da passte es recht gut, dass 1998 ein gewisser Carsten Maschmeyer auf eigene Kosten Anzeigen mit dem Slogan „Der nächste Kanzler muß ein Niedersachse sein“ schaltete und so Herrn Schröders kleinen Geldbeutel schonen half.
Nach gewonnener Bundestagswahl revanchierte sich der frischgebackene Regierungschef dem Vernehmen nach mit einem „Dankeschön-Abendessen“ für Maschmeyer. Ob bereits dort über „Rentenreformen“ gesprochen wurde, ist unbekannt.

Als der Niedersachse das Kanzleramt räumen musste, drohte erneut die Not am Tor der Schröders anzuklopfen. Gut, dass Freund Maschmeyer hinzusprang und schnell mal mit einer schlappen Million aushalf – im Gegenzug durfte Carsten M. die Rechte an des Ex-Kanzlers schnell geschriebenen Erinnerungsbuches vermarkten.

So war leidlich für jene Wochen gesorgt, die Gas-Gerd überbrücken musste, bis er seinen neuen, gut dotierten Job bei der Erdgas-Pipeline-Firma Nord Stream AG antreten konnte.
Deren Gründung hatte er zusammen mit der russischen GAZPROM in der letzten Phase seiner Kanzlerschaft sehr intensiv betrieben.

 

Was das jetzt alles mit dem Mauerpark zu tun hat?

 

Keine Ahnung.

 

Aber es wäre sicher interessant, die beruflichen Wege jener politischen Entscheidungsträger zu verfolgen, die so intensiv und konsequent den Grundstücks-Deal mit der CA IMMO durchgezogen haben.

 

 

 

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