„Herr Gérôme hält sich nicht an den Vertrag“

GérômeEs ist ja nicht so, dass Christian Gérôme medienscheu wäre. Wann immer er sich – kontrolliert – in Szene setzen kann, sind Kameras willkommen: Etwa beim Zusammentreffen mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler, bei einer Benefizgala mit dem blonden Ansagesternchen Alexandra Klim – oder aber als einer der Hauptprotagonisten in der rbb-Reportage „Wir kaufen Berlin!“, in der er sich – kritische Fragen nicht fürchten müssend – als doch recht sozialer, weil preiswerter Häuser-
sanierer darstellen konnte.

Dafür, dass das mediale Bild auch immer stimmig bleibt, sorgt sein Berater Frank Schmeichel. Der hatte es in Berlin bereits Ende der 1980er Jahren zu einiger Bekanntheit gebracht: Als Sex-Onkel im Privat-Radio 100,6 plauderte „Samen-Frank“ („Der Spiegel“) mit seinen Hörern per Telefon über deren Sexualleben. Die Quintessenz der feuchten Unterhaltungen verwurstete er hernach in Buchform: „Der Frank-Schmeichel-Report. Das geheime Sexleben der Deutschen.“ Und weil es dafür ganz offenbar einen großen Markt gab, legte er kurze Zeit später noch einmal mit „Wie die Luft zum Leben“ Wenn Sex zur Sucht wird“ nach.

Dass die vermutlich meistverkauftesten Bücher Schmeichels heute nicht mehr auf seiner Liste „ausgewählter Publikationen“ stehen, ist nachvollziehbar. Denn der einstige Sexperte hat längst den Platz unter der Bettdecke verlassen und ist heute Inhaber von Business Network, einer „Agentur für strategisches Kommunikations-
management“. Die sorgt zum Beispiel als eine Art Kontakthof für Wirtschaftsgrößen und Politiker dafür, dass beide Seiten sich im beiderseitigen Interesse näherkommen – man kümmert sich aber auch darum, dass die Kunden der Agentur immer im „richtigen“ öffentlichen Licht stehen.
So war „Business Network“ beispielsweise mit dabei, als die Vorgespräche für die rbb-Reportage „Wir kaufen Berlin!“ geführt wurden – und auch beim Interview der Prenzlberger Stimme mit Christian Gérôme saß eine freundliche Schmeichel-Mitarbeiterin mit im Raum – und soufflierte, wenn der Immobilienhändler rhetorisch ins Stolpern kam.
 

Reißaus vor der Kamera

Als ein Reportageteam des ZDF am 4. Januar ein paar Bilder über ein Treffen zwischen Gérôme und Mietern der Gleimstraße 52 in den Räumen der Mieterberatung Prenzlauer Berg drehen wollte, bekamen die Journalisten zuvor die klare Ansage: „Keine Aufnahmen von Christian Gérôme!“

_01Als der ebenfalls anwesende Autor dieser Zeilen – von einem „Ablichtungsverbot“ hatte er bis dahin noch nichts vernommen – bei der Ankunft des Hauseigentümers gewohnheitsmäßg den Fotoapparat in Stellung brachte, flüchtete der große Immobilienzampano, als wären zwanzig Jagdhunde hinter ihm her.
Etliche Minuten später erschien er mit einem irgendwo aufgegabelten Ordnungsamtsmitarbeiter, der als Zeuge dafür fungieren sollte, dass er, Gérôme, jegliche Bildaufnahmen von ihm untersagt habe…

Zugegeben, was an jenem Tag auf dem Programm stand, war nicht wirklich dazu geeignet, Christian Gérôme als den netten, sozialen und vor allem harmlosen Immobiliendelfin von nebenan zu präsentieren: Die Mieterberatung Prenzlauer Berg wollte ausloten, ob der Eigentümer der Gleimstraße 52 überhaupt noch ein Interesse daran hat, seinen mit der Unterschrift unter den „offentlich-rechtliche Vertrag“ zur sozialverträglichen Sanierung (siehe Download unten) eingegegangenen Verpflichtungen nachzukommen.
 

Gebrochene Zusagen – Druck gegen die Mieter

Gründe für den Zweifel gab es einige.

Nicht nur, dass entgegen aller Zusagen die Schäden des Brandanschlages vom 8. September des vergangenen Jahres noch immer nicht alle beseitigt sind – es wurde mittlerweile auch die per Vertrag zugesicherte Möglichkeit des Verbleibs – und beim Umzug in eine Umsetzwohnung – die garantierte Rückkehr in die eigenen Wohnungen in Frage gestellt. Per Anwalt ließ der Grundstückseigentümer der Rechtsanwältin eines Mieters mitteilen:

„…erbitten wir die ausdrückliche Bestätigung, dass Ihr Mandant die Vereinbarung auch abzuschließen bereit ist, wenn er nicht in die bisher innegehaltene Wohnung zurückziehen und keinen Einfluss auf eine individuelle Gestaltung ausüben kann.
(…)
Wir setzen, da die Angelegenheit nunmehr zeitnah einer Klärung zugeführt werden muss, eine Frist für diese Rückäußerung (…)
Bei fruchtlosem Fristablauf würde die Duldungsklage zu erheben sein, unsere Mandantschaft wäre dann an die Beschränkungen zur Mietzinshöhe, die sich aus der Mod-Vereinbarung ergeben könnten, nicht mehr gebunden.“

Ins Deutsche übersetzt heißt das: Entweder den Grundrissänderungen zustimmen, die der Mieter laut Gesetz überhaupt nicht dulden muss und damit der Verzicht auf die Rückkehr in die eigene Wohnung – oder aber Klage.
 

Das Ende der Fahnenstange ist nun erreicht

Steiler Aufstieg: Vom angeblich geschassteb freien Mitarbeiter zum Miteigentümer und Geschäftsführer

Steiler Aufstieg: Vom angeblich geschassten freien Mitarbeiter zum Miteigentümer und Geschäftsführer

Dass der nicht überall gut beleumundete Sascha Klupp, der angeblich nur ein zeitweiliger „freier Mitarbeiter“ Gérômes gewesen sein soll, nun plötzlich als Miteigentümer und Geschäftsführer der Gleimstraße 52 Beteiligungs GmbH mit am Tisch saß, ließ das Vertrauen in den guten Willen des Christian Gérôme nicht eben steigen.

Und tatsächlich: Wie die Anwältin der Mieter nach dem knapp eine Stunde dauernden Gespräch mitteilte, bestehen die Eigentümer darauf, dass für drei Mieter eine Rückkehr in ihre Wohnung ausgeschlossen bleibt und dass Klupp und Gérôme auf die Grundrissänderungen bestehen.

Nun war auch für die Mieterberatung Prenzlauer Berg das Ende der Fahnenstange erreicht. Auf der Sitzung des BVV-Ausschusses für Stadtentwicklung und Grünanlagen vom vergangenen Donnerstag wurde den Bezirks-

Jens-Holger Kirchner: Wenn sich der Eigentümer nicht an den Vertrag hält werden wir die Baugenehmigung zurückziehen

Jens-Holger Kirchner: Wenn sich der Eigentümer nicht an den Vertrag hält, werden wir die Baugenehmigung zurückziehen

verordneten mitgeteilt, dass die Mieterberatung mehr als nur
Zweifel an der Vertragstreue der Grundstückseigentümer hege.
Auch Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner war nun mit seiner Geduld am Ende. Bereits Ende Dezember hatte er gegenüber dem ZDF klargestellt, dass im Falle eines Vertragsbruches seitens der Eigentümer auch eine Rücknahme der Baugenehmigung in Erwägung gezogen werde. Am Donnerstag wiederholte er die Ankündigung vor dem Stadentwicklungsausschuss. Kirchner weiter: „Für manche habe ich zu lange gewartet. Ich sage: Ich habe sehr lange gewartet.“
Tags zuvor hatte er bereits gegenüber der Prenzlberger Stimme erklärt: „Herr Gérôme hält sich nicht an den Vertrag“.

Nachdem bei einer Begehung der Bauaufsicht am vergangenen Freitag in der Gleimstraße 52 Wanddurchbrüche festgestellt wurden, die von der erteilten Baugenehmigung nicht gedeckt sein sollen, dürfte auch der letzte Zweifel an der mangelnden Vertragstreue der Eigentümer Klupp und Gérôme geschwunden sein.
Für den heutigen Montag war nun ein Treffen zwischen den Eigentümern und dem Stadtrat anberaumt. Sollte es dort zu keiner Einigung kommen, wird die Rücknahme der Baugenehmigung wohl in die Wege geleitet werden.

 

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