Als am 25. Dezember die Preise für Weihnachtsbäume überraschend in den Keller stürzten, brach für all jene, die noch Tage zuvor daran glaubten, mit dem Erwerb eines hochpreisigen Nadelgewächses in eine solide Wertanlage investiert zu haben, eine Welt zusammen.
Dabei war das Kollabieren des Marktes schon lange vorhersehbar.
Bereits in der ersten Hälfte des Monats Dezember zeigte das Geschäft mit dem Nadelgrün erhebliche Überhitzungs-
tendenzen: Plötzlich waren auf jedem freien Flecken fliegende Händler zu finden, die mit so verlockenden Geschäftsbezeichnungen wie „Tannenparadies“ oder „Baumglück“ potentielle Anleger mit windigen Finanzierungmodellen („Heute kaufen – Ostern bezahlen – Himmelfahrt den Gewinn realisieren!“) zum Kaufen überredeten.
Auch lockte der Baum-Boom allerlei zwielichtige Gestalten an. So setzte die „Soko Nadelkissen“ des Landeskriminalamtes eine Bande von südbrandenburgisch aussehenden Betrügern fest, die arglose Passanten auf dem Kollwitzplatz hinter die Fichte führten, indem sie ihnen minderwertige Unterkiefern als teure Oberkiefern andrehten.
Erste Fensterstürze zu beklagen
Spätestens, als sich am Morgen des 24.12.2012 die Verkäufer mit unwahrscheinlich hohen Preisnachlässen gegenseitig unterboten und dazu kräftig die Werbetrommel rührten („Das beste am Manne – ist seine Tanne“, „Wohnungen mit Nadel-
bäumen – brauchst du nie mehr aufzuräumen“, „Es freut sich immer jede Frau – ist statt des Mann’s die Tanne blau“ ), war das Platzen der Baumblase quasi mit den Händen zu greifen.
Als auch eine Woche nach dem „Schwarzen 25.“ keine Konsolidierung des Nadelbaummarktes in Sicht war, kam es zu den ersten Prenzlauer Berger Fensterstürzen. Zwar sind bisher nur Bäume, nicht aber deren Halter unter den Opfern – doch auch dies ist schon erschütternd genug.
Nicht vollig geklärt ist dabei die Frage, ob es sich bei den mittlerweile epidemisch zugenommen habenden Stürzen um
das tragische Ergebnis suizidaler Anwandlungen depressiver Nadelgewächse handelt oder ob der massenhafte Baumtod den Taten meuchlerischer Baumbesitzer zuzuschreiben ist.
So oder so: Unzählige Baumleichen säumen die Straßen von Prenzlauer Berg und täglich werden es mehr.
Mittlerweile sind auch schon die ersten Bilder geschmackloser Leichenfledderei im Umlauf. So etwa aus der Wicherststraße, wo ein skrupelloser Geschäftsmann Gliedmaßen aus herumliegenden Baumkadavern herausriss, um den Eingang seines Ladenlokals zu „verschönern“. Die Prenzlberger Stimme zeigt exklusiv eines dieser erschütternden Fotos – nicht aus Sensationslust, sondern um aufzurütteln:
Die einstige Baumtown Prenzlauer Berg darf nicht zur Tannennekropole werden!