Gutachten: Mehr Mittel machen Bibliotheken „wirtschaftlicher“ | Prenzlberger Stimme

Gutachten: Mehr Mittel machen Bibliotheken „wirtschaftlicher“

biblMehr Geld für Bücher und andere Ausleih-Medien, besseres Marketing, die Wiedereinrichtung der Stelle eines Fachbereichsleiters sowie die Anschaffung eines Bibliotheksbusses für die mobile Ausleihe – das waren die Empfehlungen, die ein vom Bezirksamt in Auftrag gegebenes Gutachten, das die Ursachen für die mäßige Akzeptanz der bezirklichen Bibliotheken ergründen und Wege zur Erhöhung der Ausleihzahlen sowie der Verbesserung der wirtschaftlichen Kennziffern aufzeigen sollte.

Das wohl wichtigste Fazit: Weitere Einsparungen würden die Wirtschaftlichkeit noch mehr nach unten drücken.

OLYMPUS DIGITAL CAMERABevor Unternehmensberaterin Sabine Smentek am Dienstag ihre Vortrag vor den den Bezirksverordneten des BVV-Aus-
schusses für Kultur und Weiterbildung begann, stellte sie klar, dass sie ihre Untersuchungen nicht nach bibliothekarischen, sondern nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt hat.
Dabei bezog sie sich auf die sogenannte Kosten-Leistungs-Rechnung (KLR) nach der das Land Berlin die Leistungen der Bezirke beurteilt – und auf deren Grundlage auch die ent-
sprechende Mittelzuweisungen beruhen.
Danach werden sogenannte „Produkte“ abgerechnet und in ein Verhältnis zu den Kosten gestellt. Der Mittelwert, den alle zwölf Berliner Bezirke bei einem „Produkt“ wird „Median“ genannt. Liegt ein Bezirk mit den „Produktkosten“ über dem Merian“, hagelt es Abzüge – bleibt er darunter, wird ihm der Gewinn gutgeschrieben. Die „Produkte“ der Bibliotheken bestehen vorrangig aus Ausleihen, anderen Dienst-
leistungen und Veranstaltungen.

Dringend erforderlich: Aktuelle Medien und besucherfreundliche Öffnungszeiten

biblDie Analyse der gegenwärtigen Situation fiel nicht gerade ermutigend aus: Hohe Kosten, und im Vergleich zu anderen Bezirken geringere Ausleihzahlen. Kostenseitig, so die Gutachterin, sei wenig zu bewegen. Die lägen hauptsächlich in der hohen Qualifikation – und damit einer entsprechenden Gehaltseinstufung – der Mitarbeiter sowie in den Gebäudekosten (Miete, Energie etc.) begründet.

Anders sei es beim Einsatz der vorhandenen Mittel. Bücher, CDs und andere Medien müssten stets auf dem aktuellen Stand des Marktangebotes sein – sonst fehle der Anreiz zur Ausleihe. Auch müssten sich die Bibliotheken den Gegebenheiten der Zeit anpassen: Ohne W-LAN und stattdessen mit einer Zugangsgebühr für die Internetnutzung hole man sich keine Kunde ins Haus.

Wichtig ist nach Ansicht von Sabine Smentek auch eine Verlagerung der Öffnungszeiten in die Abendstunden und auf den Sonnabend:

biblÖffentliche Bibliotheken müssten vor allem dann zur Verfügung stehen, wenn die Mehrzahl der potentiellen Kunden Zeit für einen Besuch haben.

Besonderes Augenmerk legte die Management-Beraterin auf das Marketing. Sowohl die Bewerbung aktueller Medien, als auch allgemeine Werbekampagnen und Marketingveranstaltungen sollten die Bürger auf das Angebot der Bibliotheken aufmerksam machen. Dafür müssten jedoch zwei Voraussetzungen erfüllt werden. Die eine sei die Erhöhung des Medienetats von derzeit 85 Cent auf einen Euro pro Einwohner: „Das ist wie im Einzelhandel – wenn Schaufenster und Regale leer sind, kommen auch keine Kunden.“

Bücherbusse und eine Zenzrale in Alt-Pankow

Bücher Busse: Gute erfahrungen in Steglitz-Zehlendorf Foto: Stadtbibliothek Stegkitz-Zehlendorf

Bücherbusse: Gute Erfahrungen in Steglitz-Zehlendorf
Foto: Stadtbibliothek Steglitz-Zehlendorf

Zweitens müsste unverzüglich die Planstelle eines Fachbereichsleiters Bibliotheken wieder eingeführt werden, denn die Bibliotheksleiterinnen vor Ort wären mit den Tagesaufgaben voll ausgelastet. Die Stelle war der Streichorgie der letzten Haushaltsverhandlungen zum Opfer gefallen.

Um Ausleihen auch dort zu ermöglichen, wo Bibliotheken nicht in der Nähe sind, empfiehlt die Gutachterin den Einsatz von Bücherbussen. Die sollten dann zum Beispiel in Heinersdorf oder Blankenfelde den Lesestoff unter die Leute bringen. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf, so Sabine Smentek, habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht..

Janusz-Korczak-Bibliothek: Neue zentrale? Foto: BA Pankow

Janusz-Korczak-Bibliothek: Neue zentrale?
Foto: BA Pankow

Aber auch an den fixen Standorten schlägt die Gutachterin Veränderungen vor. So wäre eine Erweiterung der Bettina-von-Arnim-Bibliothek im Gebäude der „Schönhauser Allee Arcaden“ anzuraten – die Ausleihzahlen seien dort enorm. Sollten Erweiterungsverhandlungen mit den Arcaden-Management nicht zum Erfolg führen, wäre diese Bibliothek von Veranstaltungen und anderen Aufgaben zu befreien und damit man sich dort voll auf die Medienausleihe konzentrieren könne.

Die Janusz-Korczak-Bibliothek in der Berliner Straße – mit rund 500 000 Entleihungen im Jahr die leistungsstärkste Einrichtung des Bezirks – sollte zur Zentralbibliothek entwickelt werden; die Heinrich-Böll-Bibliothek in der Greifswalder Straße, die diese Funktion bisher inne hat, bedürfe einer Grundsanierung.

Die Kurt-Tucholsky-Bibliothek in der Esmarchstraße sollte nach Meinung der Gutachterin ihren Status als ehernamtliche Einrichtung beibehalten. Für die Wiedereinführung des Status einer hauptamtlich betriebenen Bibliothek fehlten dort die technischen und räumlichen Voraussetzungen.

Keine höhere Medienausstattung im Norden

Zustimmung erhielt Sabine Smentek von der Leiterin der Bibliothek Karow/Buch Brigitte Krause für den Vorschlag, den Standort Karow zugunsten jenes in Buch aufzugeben. Widerspruch erntete die Gutachterin jedoch für die Darstellung, im Norden des Bezirks sei eine höhere Anzahl von Ausleihmedien vorhanden, als in den Bibliotheken des dichtbesiedelten Prenzlauer Bergs. Brigitte Krause: „Das waren meist uralte Sachen, die mittlerweile in die Makulatur gegeben wurden.“

Abschließend warnte Sabine Smentek Bezirksverordnete und Bezirksamt davor, sich nur einzelne Vorschläge ihrer Untersuchung herauszupicken. Die Verbesserung der Kennziffern sei nur mit der Umsetzung aller aufgeführten Punkte möglich. Auch den Zeitpunkt des Beginns der Umsetzung ihrer Anregungen konnte sie konkret benennen: Sofort.

 

 

 



3 Kommentare zu “Gutachten: Mehr Mittel machen Bibliotheken „wirtschaftlicher“”

  1. Rolf

    Feb 14. 2013

    Der Mittelwert, den alle zwölf Berliner Bezirke bei einem “Produkt” wird “Merian” genannt.

    Das ist nicht ganz korrekt, der Mittelwert heißt Marion. Bitte korrigieren.

    Reply to this comment
    • von ODK

      Feb 14. 2013

      Eben mit Marion gesprochen. Sie sagt, sie sei kein Mittelwert – sondern Spitze…

      ODK

      Reply to this comment
  2. aber merian machen doch diesen schönen hefte, wohin man mal verreisen sollte…..die passen gut in jede bibliothek

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