Eine Frage brannte Willo Göpel förmlich unter den Nägeln. Also begab er sich kurz vor Ende der Veranstaltung an eines der Besuchermikrofone. Was, so wollte der Immobilienentwickler und Erbauer des “Elefantenklo” an der Fröbel-/Ecke Ella-Kay-Straße, von Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner wissen, werde denn nun mit Thälmanndenkmal passieren? Schließlich gab es dafür schon etliche Vorschläge: Vergraben, auf den Kopf stellen…
Die rund 160 Anwohner, die am Mittwochabend zur ersten Bür-
gerinformationsveranstaltung zur “Voruntersuchung Thälmann-
park“ in den BVV-Saal an der Fröbelstraße zusammenkamen, hatten hingegen andere Sorgen.
Zum Beispiel, dass Göpels Projekte am Rand des Wohnparks mit ihren hohen Mieten den Mietspiegel beeinflussen, und damit auch höhere Wohnkosten in den Plattenbauten nach sich ziehen könnten.
Sorgen um künftige Bezahlbarkeit der Mieten
Denn schon steht der nächste Göpel-Bau in Aussicht: Auf dem Gelände des 1987 abgerissenen Hauptgebäude des alten Gaswerkes an der Ella-Kay-Straße soll nach dem Willen des Grundstückseigentümers ein Siebengeschosser mit 60 bis 70
Wohnungen entstehen, die je zur Hälfte verkauft oder vermietet werden sollen. Bezirksstadtrat Kirchner erklär-
te, dass für dieses Vorhaben noch keine Baugenehmigung erteilt worden sei, sehr wohl aber ein Bauvorbescheid. Doch auch der entfalte bereits eine rechtliche Wirkung.
Die von der landeseigenen GEWOBAG geplante Modernisie-
rung der Häuser im Thälmannpark beunruhigt die Mieter ebenfalls: Werden die Mieten hinterher noch bezahlbar bleiben?.
Kirchner versuchte die Sorgen zu zerstreuen: Es sei vorge-
sehen, mit der Wohnungsbaugesellschaft eine Vereinbarung über sozialverträgliche Sanierung abzuschließen. So etwas
gibt es bereits für einzelne Häusern. Dies nun auf ein ganzes Wohngebiet auszuweiten, sei zwar eine Herausforderung – aber er könne versichern, dass es für jeden betroffenen Mieter des Thälmannparks eine individuelle, seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angepassten Modernisierungsvereinbarung geben werde.
Weil der Erklärungsbedarf bei den Anwohnern groß ist, werde er in absehbarer Zeit zu einer Sonderversammlung einladen, bei der es speziell um das Thema Sanierung und Mietentwicklung gehen wird.
Leitbild, Fragebögen, thematische Rundgänge
Denn eigentlich sollten an diesem Abend ja lediglich die Schritte für die Untersuchung des Thälmannparks vorgestellt werden, mit denen das Bezirksamt den Sanierungs- und Entwicklungsbearf auf dem Areal zwischen dem S-Bahnhof Greifswalder und der Danziger Straße ermitteln will.
Stadtplanerin Genia Krug von der vom Bezirk mit der Unter-
suchung beauftragten Stattbau Stadtentwicklungsgesellschaft mbH erklärte, Ziel der Erhebungen im Thälmannpark sei die Erstellung eines „Leitbildes“, an dem sich die Entwicklung des Gebietes orienteren solle. Dazu werde man die gegen-
wärtige Situation analysieren, um „ein Profil mit den Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken“ zuerstellen um zusammen mit dem Bezirk, dem Senat und den Bürgern „Entwicklungsziele, inhaltliche Prioritäten und räumliche Schwerpunkte“ ermitteln.
Auf dem Weg dahin soll es eine Fragebogenaktion, „Thema-
tische Tische“ mit der Anwohnerinitiative und ebensolche
Rundgänge durchs Wohngebiet geben. Eine erste öffentliche Werkstatt ist für April/Mai vorgesehen, eine zweite im August/September. Im Oktober soll dann das Ergbnis der Untersuchung präsentiert werden.
Zwischen Skepsis und Sinnfrage
Dem leicht im Stadtsoziologendeutsch daherschreitenden Vortrag setzten einige Anwohner ihre geradeaus ausgesprochene gesprochene Skepsis entgegen: “Wir solln beteilicht werden, na jut”, befand einer der Anwohner – um dann fortzufahren: “Aba ick hab da so meine Zweifel. Ick wohne seit zwanzich Jahren hier, und jenauso lange versuch ick, ‘n eisfreien Weg vonner Danzijer Greifswalder Straße zu erreichen. Den Schriftwechsel mit den Ämtern kann ick Ihnen zeijen.. . Det is ja Berlin hier. Und da ham wa ja ooch eenen Bürjameister, der für den Flughafen verantwortlich is… .”
Ein anderer Anwesender fragte nach Möglichkeiten von Geschossbegrenzungen, weil künftige Neubauten, die am Rande es Thälmannparks errichtet werden, sich sonst an der Höhe der Plattenbauten orientierten, und es sonst bald eine “Schneise von Achtgeschossern bis zur Stargarder Straße” gäbe.
Zu Eisfreiheit und und Ämterschriftwechsel äußerte sich der Stadtrat nicht – zur Geschosshöhe verwies er auf geltendes Baurecht: Danach hätten sich neu zu errichtende Gebäude an die bereits vorhandenen Bauten anzupassen – und sowohl die Thälmannpark-Häuser, als auch das Krankenhaus hätten nun einmal eine recht stattliche Höhe.
Als daraufhin jemand fragte, ob die Veranstaltung denn überhaupt noch für einen Sinn mache, wenn ja doch schon alles durch Bauvorbescheide und Baugesetzbuchparagafen vorbestimmt sei, verwies Kirchner auf das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Greifswalder Straße, bei dem derartige Bestimmungen keine Anwendung fänden – um dann fast schon poetisch zu enden: Mit den nun begonnen Vorbereitungen zur Gestaltung des Areals stehe “der Thälmannpark am Beginn eines zweiten Lebens.”
Die Diskussion um den Thälmannpark geht weiter. In zwei Wochen lädt die Anwohnerinitiative Thälmannpark zum Gespräch ein
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Bauvoranfrage für Güterbahnhof Greifswalder
rutzel
Mrz 06. 2013
http://linkespankow.wordpress.com/2013/02/27/thalmannpark-kirchnershow-mit-nebelkerzen/ Thälmannpark: Kirchnershow mit Nebelkerzen