Sredzkistraße: Luxusmodernisierung genehmigt

OLYMPUS DIGITAL CAMERAFahrstuhl, Fassadendämmung und Balkone im Hinterhaus, dreifach verglaste Fenster, ein Blockheizkraftwerk, eine Wechselsprechanlage mit Videoüberwachung, eine Fortluft-
anlage mit integrierter Wärmerückgewinnung,… – der Katalog der “Wohnwertverbesserungen”, den die Mieter der Häuser Sredzkistraße 26 und 28 Mitte Juni zusammen mit der Moder-
nisierungsankündigung erhalten haben, ist lang.
Und das alles soll natürlich seinen Preis haben.
In dem der Prenzlberger Stimme vorliegenden Schreiben an die Bewohner der Häuser wird ein Modernisierungszuschlag von 5,61 Euro angekündigt – für manche Bewohner bedeutet das die Verdoppelung der bisherigen Nettokaltmiete. Viele der

Mieter Jan Kühn (links): "Luxussanierung im Milieuschutzgebiet"

Mieter Jan Kühn (links):
„Luxussanierung im Milieuschutzgebiet“

heutigen Mieter könnten sich das nicht mehr leisten und müssten nach einer Modernisierung wohl ausziehen.
“Das ist eine Luxusmodernisierung – in einem Milieuschutz-
gebiet”, sagt Mieter Jan Kühn, „denn hier ist alles auf einem modernen Stand.”
Und tatsächlich wurde das Haus, das seit zwei Jahren einer dänischen Investmentfirma gehört, bereits vor 12 Jahre mit zeitgemäße Standard versehen: Zentralheizung und wärme-
dämmende Verbundfenster sind im Haus ebenso vorhan-
den, wie eine den modernen Ansprüche genügende Elektro-
anlage.
“Damals”, so Jan Kühn weiter,“wurde den Mietern vertrag-
lich zugesichert, keine weitere Modernisierung dulden zu müssen. Einige von ihnen wohnen noch heute hier.“

Kokosläufer statt PVC-Belag?

Kokosläufer statt PVC-Belag?

„Was sollen wir hier mit Kokosläufern?“, fragt ein anderer Meter und spielt damit auf die vorgesehene „Wohnwertver-
besserung“ in den Hausfluren an.
Jan Kühn ist darüber hinaus der Ansicht, dass zum Beispiel die vorgesehene Fassadendämmumg im Hinterhaus eher eine Wohnwertminderung darstellt: „Dadurch wird durch die sowieso schon nicht sehr großen Fenster noch weniger Tageslicht in die Wohnungen gelangen.“
Empört ist er darüber, dass in der Modernisierungsankündi-
gung behauptet wird, die Fenster müssten ausgetauscht werden, weil es sich um Kastenfenster aus den beginnenden 1990er Jahren handelt. „Das sind moderne, doppelverglaste Verbundfenster.“

Der zuständigen Sachbearbeiterin der vom Eigentümer be-
auftragten Verwaltung
ist die Sache mit den Fenstern hörbar

Keine Kastenfenster

Keine Kastenfenster

unangenehm. „Keine Ahnung, warum das da so drinsteht. Wir haben das von den Architekten so übernommen“, er-
klärte sie gegenüber der Prenzlberger Stimme. Eine Ver-
besserung seien die neu einzusetzenden Fenster aber trotzdem: „Die sind schließlich dreifach verglast.“
Wie eine Modernisierung vonstatten gehen soll, wenn es im Haus Mieter gibt, die das vertraglich zugesicherte recht haben, eine Sanierung nicht dulden zu müssen? „Nach meiner Aktenlage ist das aber nur einer.“
Und wenn dieser eine die Modernisierung des Treppen-
hauses, der Heizung, des Klingelbretts und die Installation des Fahrstuhls ablehnt? „Keine Ahnung.“

Unterstützung erhofften sich die Mieter bei der Bezirkspoli-
tik. Hatten nicht die Pankower BVV, das Bezirksamt und allen voran Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner der Mietpreistreiberei durch Luxussanierung den Kampf angesagt? Und strenge Kriterien für die Modernisierung in Milieuschutzgebieten aufgestellt?
 

Hilflose Bezirkspolitik

Doch der Besuch beim Ausschuss für Stadtentwicklung und Grünanlagen fiel ernüchternd aus. „Die Baugenehmi-
gung wurde Ende Juni erteilt“, teilte Christoph Speckmann vom Stadtentwicklungsamt den Mietern da mit.

Jens-Holger Kirchner, Christoph Speckmann (Archivfoto)

Jens-Holger Kirchner, Christoph Speckmann (Archivfoto)

Versagungsgründe hätten nicht vorgelegen. Und Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner kommentierte: Das sei eben der Verwertungsdruck der in Prenzlauer Berg herrsche.
In Pankow, so Kirchner weiter, sei man bei der Eindämmung von mietpreisdämpfenden Maßnahmen Vorreiter und habe dafür auch von mancher Seite heftige Kritik erfahren müssen. Im übrigen verwies er auf den Senat, der es bisher versäumt habe, die entsprechenden rechtlichen Grundlagen zu schaffen, die solche Preistreibereien verhindern. Immerhin: Die Mieterberatung Prenzlauer Berg wurde be-
auftragt, die Luxusmodernisierungs-Bedrohten in mietrecht-
licher Hinsicht zur Seite zu stehen. Des weiteren wurden Anwohner-Versammlungen in Aussicht gestellt, zu denen auch Vertreter der Eigentümer eingeladen werden sollen.

Im September, so war in der Modernisierungsankündigung zu lesen, sollen die Arbeiten an den Häusern Sredzkistraße 26 und 28 beginnen.

Eigentlich.

„Ich weiß nicht, ob es da schon los geht“, erklärt dagegen die Verwalterin gegenüber der Prenzlberger Stimme. „Ich weiß, nicht, ob da überhaupt etwas passiert.“ Wie Bitte?? „Vielleicht soll ja gar nicht mehr modernisiert werden.“ Und warum nicht? „Keine Ahnung. Wir habe schon seit Wochen keinen Kontakt mehr zum Eigentümer.“

 

 

 



Kommentar zu “Sredzkistraße: Luxusmodernisierung genehmigt”

  1. tom

    Sep. 13. 2013

    „In Pankow, so Kirchner weiter, sei man bei der Eindämmung von mietpreisdämpfenden Maßnahmen Vorreiter und habe dafür auch von mancher Seite heftige Kritik erfahren müssen.
    Im übrigen verwies er auf den Senat, der es bisher versäumt habe, die entsprechenden rechtlichen Grundlagen zu schaffen, die solche Preistreibereien verhindern.“

    Ja, ja – die andern sind schuld. Alleine mit Millieuschutzgebiet, Quartiersmanagement und Co. liegen ausreichend Instrumente vor, die aber vom ängstlichen Bezirksamt nur gegen „Schwächere“ herangezogen werden?

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