Die gerichtliche Auseinandersetzung um den Hirschhof ist in eine neue, nicht unbedingt erfreuliche Phase getreten.
Der Hirschhof, eine kleine Parkanlage, wurde in den 1980er Jahren von Prenzlauer Berger Bürger mitten im Häuserkarree zwischen der Oderberger Straße und der Kastanienallee errichtet (siehe: „Niemendsland“)
Die Organisatoren erreichten, dass der damalige Rat des Stadtbezirkes Prenzlauer Berg nicht unerhebliche finanzielle Mittel beisteuerte. Der Hirschhof wurde schon bald eine Art “Geheimtipp” in der Ostberliner Untergrundkultur, zu der nicht zuletzt viele DDR- Oppositionelle gehörten. Folgerichtig be-
kam der Hirschhof bei der Stasi einen eigenen Aktenvorgang.
Nach der deutschen Vereinigung kamen die Häuser in Privathand, und die Wohnungen wurden in Eigentums-
wohnungen umgewandelt. Die neuen Bewohner fanden den Hirschhof zwar toll, wollten ihn aber nicht länger mit der Allgemeinheit teilen. Sie schlossen die Tore ab und begründet dies, sie hätten mit dem Kauf ihrer Wohnungen auch den Hirschhof erworben.
Zum Abschluss eines sich über Jahre hinziehenden Rechts-
streits zwischen einer Eigentümergemeinschaft und dem Bezirksamt Pankow hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin entschieden, dass der Hirschhof keine öffentliche Grünfläche sei. Der Grund: Es fehle die “förmliche Widmung”.
Die war zwar in der DDR gar nicht nötig – hätte aber nach dem ostdeutschen Beitritt nachgeholt werden müssen.
Der zweite Anlauf, das symbolträchtige Stück Grün wieder öffentlich begehbar zu machen, führte über das sogenannte Verkehrsflächenbereinigungsgesetz. Das ermöglicht es der Kommune, Grundstücke zu einem Preis von höchstens 15 Euro je Quadratmeter von Privat zurückzukaufen, wenn diese Liedenschaften vor dem 3. Oktober 1990 öffentlichen Zwecken diente.
Nachdem das Land Berlin (stellvertretend für den Bezirk Pankow) vor dem Berliner Kammergericht erfolgreich gegen die Eigentümer der den legendären Parkanlage umschließenden Häuser Kastanienallee 10, 11 und 12 geklagt hatte, wurde im Fall der Kastanienallee 10 das Urteil wegen eines Formfehlers vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung an das Kammergericht zurücküberwiesen. Begründung: Das Kammergericht habe die Zeugen nicht selbst vernommen, sondern lediglich deren Aussagen aus dem vorangegangenen Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht übernommen. (siehe Download unten).
Darüber hinaus hatte der BGH hohe Anforderungen an die Beweisführung gestellt. Es komme entscheidend darauf an, erklärten die Bundesrichter,
„ob der Hinterhof vor dem 3. Oktober 1990 nicht notwendig ständig, aber doch in nennenswertem zeitlichem Umfang für die Öffentlichkeit zugänglich war. Ferner musste damals erkennbar sein, dass der Hinterhof kein gewöhnliches befriedetes Besitztum, sondern – etwa im Sinne einer ‚Stadtoase‘ – der Öffentlichkeit allgemein und nicht nur den Bewohnern der umgebenden Häuser zugänglich sein sollte. Er muss weiter seinerzeit tatsächlich in nennenswertem Umfang von der Öffentlichkeit als Erholungs – und Entspannungsort angenommen worden sein. Die Entscheidung darüber, ob und unter welchen Bedingungen der begrünte Teil des Hinterhofs der Öffentlichkeit zugänglich ist, musste schließlich vor dem 3. Oktober 1990 den privaten Grundstückseigentümern aus der Hand genommen worden und dauerhaft auf die zuständigen staatlichen Stellen übergegangen sein.“
Sollte es nicht gelingen, Beweise zur Öffnung des Hirschhofs für die Allgemeinheit in der vn den Bundesrichtern geforderten Stringenz zu erbringen, dürften auch die Erfolgsaussichten auch bei den anderen beiden Verfahren nicht groß sein.
Daher will das Bezirksamt nicht nur weitere Zeugen bennen, sondern auch die vom DDR-Ministerium für Staatssicherheit angelegte „Hirschhof-Akte“ al Beweismittel einreichen. Denn wenn es eine Institution gab, die die Vorgänge lückenlos dokumentierte hatte, dann war es die Stasi.
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