Nun also doch: Die sogenannten Zwischenergebnisse der “Voruntersuchung zur Beurteilung der städtebaulichen Situation und der Entwicklungspotenziale des Areals Thälmannpark” werden ab dem 2. Dezember öffentlich ausgelegt. Danach erfolgt die Anhörung der “Träger öffentlichen Belange” – und dann war’s das wohl. Wenn es denn nach den Intentionen von Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner geht.
Nicht einmal zwei Wochen, bevor die Pressemitteilung (siehe rechts) in die Pipeline gegeben wurde, klang das noch anders.
In einem Gespräch am Rande der letzten BVV-Tagung erklärte der Stadtrat gegenüber der Prenzlberger Stimme: “Über eine Auslegung ist noch längst nicht entschieden.” Vielmehr sollten erst einmal weitere Gespräche mit der Anwohner-Intiative geführt werden.
Am vergangenen Sonnabend begründete Kirchner die Entscheidung, dass die Auslegung nun doch erfolgen soll, mit der weiter bestehenden Ablehnung der Anwohner zu der vom Bezirksamt nach wie vor vorgesehenen Bebauung des ehemaligen Bahngeländes nördlich des Wohngebietes.
Tabu-Thema Bebauung
Die ergebnisoffene Diskussion über das Für und Wider der Bebauung der im Besitz zweier Immobilienkaufleute befindlichen Areale scheint im Bezirksamt ein Tabuthema
zu sein. Dass damit der Anspruch auf eine wirklich nachhaltige Bürgerbeteiligung ad absurdum geführt wird, scheint dort nicht wirklich jemand zu stören.
Dabei lief die im Februar groß angekündigte umfassende Anwohnerbeteiligung zur “Voruntersuchung” gut an: Gespräche, Begehungen und ein erster Workshop, bei dem die Anwohner ihre Vorstellungen über die Zukunft des Wohngebietes entwickeln konnten, machten Hoffung darauf, dass die umfassende Beteiligung der Bürger ernst gemeint war.
Bis im Sommer den Anwohnern dann gewahr wurde, dass nicht nur das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Greifswalder Straße von einem bauwilligen Immobilienhändler erworben wurde, sondern auch das Nachbargrundstück, auf dem sich derzeit noch ein Zementwerk befindet.
Wie abgeschnitten
Dem Ansinnen der Anwohner-Initiative, beide Areale mit in die Voruntersuchung einzubeziehen, wurde zwar stattgegeben – doch das danach war die Kommunikation zwischen Anwohner und Bezirksverwaltung wie abgeschnitten.

Jens-Holger Kirchner, Projektleiterin Constance Cremer: “Zwischenergebnisse“ mt Endgültigkeitscharakter
Die bis dahin mit der Koordinierung befasste Stadtplanerin der projektführenden Firma STATTBAU wurde Knall auf Fall ausgewechselt und ein für den Sommer avisierter zweiter Anwohner-Workshop, bei dem die beiden Areale ebenfalls behandelt werden sollten, wurde vom Bezirksamt gar nicht mehr in Erwägung gezogen.
Die Begründung, die der Bezirksstadtrat dafür lieferte, war geradezu umwerfend: Im Sommer, so Jens-Holger Kirchner, wären ja die meisten Anwohner sowieso im Urlaub gewesen, und man wollte sich deshalb nicht dem Vorwurf aussetzen, durch einen Termin in der Ferienzeit die Bürgerbeteiligung bewusst zu verhindern.
Kommuniziert hatte er das Sommermärchen mit den Betroffenen allerdings nicht.
Darüber hinaus habe ja, so Kirchner weiter, eine von der Anwohner-Initiative organisierte Begehung stattgefunden, auf der die AI ihre Vorstellung sehr dezidiert dargelegt habe. Dehalb sei ein zweiter Workshop nun nicht mehr notwendig gewesen. Diese Begehung fand übrigens im August statt – also auch noch mitten in der Sommerzeit.
Als dann der Herbst ins Land zog und auch der letzte Sommerfrischler in den heimischen Thälmannpark zurück-
gekehrt war, wurden die Anwohner plötzlich mit einer Einladung zur Präsentation von “Zwischenergebnissen” überrascht, die allerdings – abgesehen von kleineren Details – schon den Charakter des Endgültigen hatten.
Doch der Unmut der Anwohner in der überfüllte “Wabe”, in der die als „Podiumsdiskussion“ betitelte Ergebnisverkündung groß war groß. So groß, dass sich Stadtrat Jens-Holger Kirchner zu einer überraschenden Zusage hinreißen ließ:
“Wir sollten uns heute – auf der vielleicht abstrak-
ten Ebene – daruf einige, wie wir im nächsten Workshop die noch strittigen Fragen diskutieren. Dies wäre aus meiner Sicht ein konstruktiver Vorschlag, wie man aus dieser zugegebenermaßen Kommunikationfalle rauskommt.”
(siehe Video unten ab 02:20)
Zusage unbemerkt relativiert
Was unterging, war, dass STATTBAU-Projektleiterin Constance Cremer nur kurze Zeit später Kirchners eindeutige Ansage zu einer “Sprachregelung” schrumpfen ließ (Video ab 06:12).
Genau darauf lief dann auch die Vorstellung des “Zwischenergebnisses” vor dem BVV-Stadtentwicklungsausschuss ab. Dass ein möglicher zweiter Workshop das Zwischenergebnis noch irgendwie wesentlich beeinflussen könnte, war nach dem Ablauf der Sitzung nicht mehr zu erwarten.
Mit der Auslegung, so Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner am vergangenen Sonnabend zur Prenzlberger Stimme bestünde dann für jedermann die Möglichkeit, das „Zwischenergebnis“ mit den Vorstellungen der Anwohner-Initiative zu vergleichen.
Die Frage, ob denn das Anwohnerkonzept ebenfalls ausgelegt werde, um einen Vergleich überhaupt erst möglich zu mache, konnte der Stadtrat da allerdings noch nicht beantworten.
Video Podiumsdiskussion vom 17. Oktober 2013
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