Das Bezirksamt Pankow, die landeseigerne Wohnungsbaugesellschaft Gesobau und die Mieterberatung Prenzlauer Berg haben am Dienstag einen Rahmenvertrag über die sozialverträgliche Modernisierung von mehr als 400 Wohnungen unterzeichnet. Der Vertrag hat eine Laufzeit von zwei Jahren. Vor dem Auslaufen des Zeitraumes wollen sich die Vertragpartner über eine Verlängerung oder Erneuerung der Vereinbarung ind benehmen setzen.
Die betroffenen Häuser befinden sich ausschließlich auf dem Gebiet der Altbezirke Pankow und Weißensee.
Laut der Vereinbarung darf für die kommenden drei Jahre ab Sanierungsabschluss die Bruttowarmmiete nach einer Modernisierung bei allen Bestandsmietern 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens nicht übersteigen.
Die Regelung geht damit über das „Mietenbündnis“ zwischen dem Senat und den landeseigenen Wohnungsbaugesell-
schaften hinaus, nach dem eine Erhöhung der Kaltmiete in Härtefällen auf 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens beschränkt war.
Außerdem wird für Transferleistungsbezieher (z.B. Hartz IV- oder Sozialhilfeempfänger) die Miete nach der Modernisierung auf die vom Senat festgelegten Höchstsätze der Wohnkostenrichtlinie begrenzt.
Voraussetzung für die Wirksamkeit der Mietenregelung ist die „Angemessenheit des Wohnraums“. Während in den Landesrichtlinien bestimmte hierzu bestimmte Quadratmeterzahlen festgelegt sind, einigten sich Bezirk und Gesobau für Singlehaushalte „Anzahl der Personen plus ein Zimmer“. Bei Mehrpersonenhaushalten sollen 10 Propzent mehr an Wohnfläche als angemessen gelten, als es das „Mietenbündnis“ vorsieht.
Darüber wird der Ersatz von Eigeneinbauten der Mieter, so sie einst mit Genehmigung des Eigentümers installiert wurden, nicht als Modernisierung betrachtet.
Betreut werden die Mieter während der gesamten Modernisierungsphase durch die Mieterberatung Prenzlauer Berg. Die Mieterberatung wird unter anderem mit jedem betroffenen Haushalt in Kontakt treten, um individuell die jeweils im Vertrag als sozialverträglich Miete zu ermitteln.
Horrende Mietankündigungen lösten Proteste aus.
Mit der Vertragsunterzeichnung geht eine monatelange Auseinandersetzung um die Sanierungsmodalitäten in den Pankower Gesobau-Häusern zu Ende.
Begonnen hatte sie, als die Gesobau Ende 2012 den Mietern der Pestalozzistraße 4 eine Modernisierungsankündigung ins Haus schickte, in denen der zu entnehmen war, dass die Nettokaltmiete nach der Modernisierung teilweise um über 70 Prozent steigen würde.
Für viele Mieter hätte das den endgültigen Auszug bedeutet, da die dann über dem Mittelwert des Mietspiegels liegende Miete für sie nicht mehr zu tragen gewesen wäre.
Die Bewohner der Pestalozzistraße 4 wandten sich daraufhin hilfesuchend an den Pankower Bundestagsabgeordneten Stefan Liebich. Der wandte sich in einem Brief an den
Gesobau-Vorstand mit dem Vorschlag einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Bezirksamt Pankow und einer Mieterberatung über eine sozialverträgliche Sanierung abzuschließen, ähnlich, wie es bereits die ebenfalls landeseigene GEWOBG getan hatte.
Anfang März 2013 zog die Pankower SPD mit einem in die gleiche Richtung zielenden Beschluss nach.
Mitte März beschloss der Stadtentwicklungsausschuss der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) einstimmig einen von SPD und Bündnisgrünen eingebrachten Antrag, in dem sich die Bezirksverordneten für eine „Vereinbarung vergleichbar zum Vorgehen mit der GEWOBAG, für einen Sozialplan zur Verhinderung von Verdrängung und verbindlichen Regelungen zum Ablauf der Modernisierungen und einen Ausschluss von Mieterhöhungen für drei Jahre“ aussprachen.
„Pankower MieterProtest“ mit großer Öffentlichkeitswirksamkeit
Während das Bezirksamt die Verhandlungen mit der Gesobau aufnahm, hatten sich den Mietern aus der Pestalozzistraße weitere von Sanierungsankündigungen betroffene Bewohner anderer Gesobau-Häuser angeschlossen, es entstand das Bündnis „Pankower MieterProtest“.
Einstimmig votierten das Bezirksparlament daraufhin im April 2013 für einen Antrag der Linksfraktion, in dem gefordert wurde, alle für die von der Gesobau in Pankow für die Sanierung vorgesehenen Häuser in den öffentlich-rechtlichen Vertrag mit einzubeziehen.
Der Pankower MieterProtest schaffte es immer wieder, in den Medien präsent zu sein und auf Bezirks- und Landesebene Politiker für sein Anliegen zu gewinnen. So setzten sich die aus Pankow stammende Senatorin Sandra Scheeres (SPD) und die Linkspartei-Abgeordnete Kathrin Lompscher öffentlich für das Anliegen der Gesobau-Mieter ein.
Als eine Art Probelauf wurde im August 2013 zwischen Bezirksamt und Gesobau ein Pilotvertrag zur Erarbeitung eines Sanierungs- und Sozialplans abgeschlossen, der danach in einen Rahmenvertrag für alle Pankower Gesobau-Sanierungsfälle münden sollte. An den Verhandlungen nahmen neben Vertretern der BVV, des Bezirksamtes, der Mieterberatung und der Gesobau auch zwei Mitglieder des Pankower MieterProtests teil.
Bis schwierige Verhandlungen bis zum Schluss
Das Pilotverfahren sollte zwar noch im Herbst zum Abschluss geführt werden, doch die Verhandlungen zogen sich hin und wurden nicht zuletzt auch durch Klagedrohungen der Gesobau gegen einzelne Mieter erschwert.
Und auch, als im Januar schließlich der Rahmenvertrag-
sentwurf vorlag, gaben sich die Bezirksverordneten nicht zu-
frieden.
In einem mit großer Mehrheit angenommenen Dringlichkeitsantrag von SPD, Bündnisgrünen, Linksfraktion, und Piratenverlangten sie vom Bezirksamt Nachverhandlungen.
Dass es nun, nur zwei Wochen nach jenem Beschluss zum Abschluss des Vertrages kam, mag wohl auch an dem Druck liegen, unter dem die Gesobau mittlerweile stand: Denn seit April 2013 lagen alle Pankower Modernisierungsprojekte der Gesobau auf Eis.