Die FIFA hatte ein Einsehen und erklärte den 2. Juli, an dem die Pankower Bezirksverordnetenversammlung ihre 24. Sitzung einberufenen hatte, zum spielfreien Tag. So konnten die Bezirksverordneten sich gänzlich auf die Tagesordnung konzentrieren – und die war mehr als voll gepackt.
So mussten die Pankower Parlamentarier um 21.30 Uhr – zu diesem Zeitpunkt endet normalweise die Tagung – extra einen Beschluss fassen, um die Veranstaltung noch um dreißig Minuten zu verlängern. Denn seit Stunden warteten Eltern und Schüler darauf, dass ein sie betreffender Antrag behandelt würde. Und die wollte man nun nicht nach Hause schicken, ohne das ihr Anliegen zur Sprache gekommen wäre.
Das Bezirksamt soll darin ersucht werden, sich bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft für zusätzliche Schnelllernerklassen am Rosa-Luxemburg-Gymnasium einzusetzen.
Der Anlass: Dreißig Pankower Viertklässler, die einen ent-
sprechenden Test für den Besuch sogenannter Schnell-
lernerklassen (siehe Kasten rechts) bestanden hatten, sollen im kommenden Schuljahr in einer Schule im Wedding oder Neukölln untergebracht werden, da die beiden vorhandenen Klassen an der Luxemburgschule bereits voll belegt sind. Die Eltern fordern nun die Einrichtung einer dritten Schnelllerner-
klasse. Während der Schulleiter des Pankower Gymnasiums dazu bereit ist, lehnt die Senatsschulverwaltung dies ab.
Marylena Dabrowski von der Elterninitiative „Bildung nach Bedarf“ berichtete von einem zwei Tage zuvor stattgefun-
denen Treffen mit Bildungssenatorin Sandra Scheeres, bei dem es der Politikerin laut Marylena Dabrowski weniger darum gegangen sei, die Bitten der Eltern anzuhören, als vielmehr ihre “festgefügte Meinung darzulegen”. Die angebotenen Ausweichschulen in der Nähe des U-Bahnhofs Rehberge (Wedding) und des S-Bahnhofs Neukölln bezeichnete Marylena Dabrowski als unzumutbar.
Niels Petring (Linksfraktion) nannte das Auftreten der Eltern “unangemessen”. Im Land Brandenburg hätten die Schüler
zuweilen weitere Wege zurückzulegen. Außerdem gebe es keinen Anspruch auf den Besuch einer Schnelllernerklasse, sondern nur jenen auf eine angemessene Bildung. Und was angemessen sei, bestimme das Parlament.
Den geballten Unmut der Eltern und großer Teile der Bezirksverordneten zog Petring auf sich, als er etwas ungelenk die Kinder ein „Problem“ nannte.
Stefan Blauert (CDU), der den Antrag für die Elterninitiative eingebracht hatte, wandte sich gegen die „Elternschelte“ den Linkspolitikers.
Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion verwies darauf, dass jene dreißig Kinder, um die es bei der Sache gehe, den Aufnahmetest für die Schnelllernerklassen bestanden haben und sie somit das gleiche Recht hätten, wie die anderen Kinder, die im Rosa-Luxemburg-Gymnasium untergekommen sind. Blauert wies auf die hohe Qualität des Gymnasiums hin, der ein „Standortvorteil“ sei, auf den man stolz sein könne.
Constanze Siedenburg von den Bündnisgrünen zeigte Verständnis für die Forderungen der Eltern. Dennoch machte sie klar, dass sie dem Antrag nicht zustimmt. Als Grund nannte sie die grundsätzlichen Platzprobleme in den Pankower Schulen und schlug den Eltern vor, Fahrgemeinschaften zu bilden, um die Kinder in die Ausweichschule zu bringen. Wie zuvor schon ihr SPD-Kollege Yasser Sabek, plädierte sie für eine Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Schule und Sport.
Die Mehrheit der Bezirksverordneten stimmte schließlich für eine Überweisung. Damit hatte sich der Antrag eigentlich erledigt, denn vor Beginn des neuen Schuljahres wird keine Entscheidung mehr gefällt werden.
Olaf Buntemeyer via Facebook
Jul 08. 2014
Wirklich bezeichnend. Als Vater von drei Kindern bin ich entsetzt ob der Gleichgültigkeit, die einem hier entgegengebracht wird. Aber irgendwie passt es da ins Bild, dass Sandra Scheeres kritische Anmerkungen und Fragen auf Ihrem Facebookauftritt löscht und aus lauter Angst vor der Konfrontation mit dem Wahlvolk gleich die Kommentarfunktion vollständig sperrt. Wie unsouverän kann man sein?
Jan Schrecker
Jul 15. 2014
Mir als Bezirksverordneter der Piratenfraktion Pankow wurde in der BVV Diskussion nicht klar, warum aus der Einrichtung einer Schnellernklasse eine Systemfrage gemacht wurde. Die Piratenfraktion Pankow unterstützt eine Vielfalt an Schul- und Lernangeboten im Bezirk und hat deshalb den Antrag der CDU auf Errichtung einer Schnellernklasse im Bezirk unterstützt. Es ist sicherlich kein gutes Bild der Politik Systemfragen der Schulformen auf dem Rücken von einzelnen Betroffenen auszutragen.
Jan Schrecker
Piratenfraktion Pankow