Misstrauen beherrschte die Stimmungslage der rund siebzig Anwesenden, die zur Informationsveranstaltung des Bezirksamtes und der Berliner Wasserbetriebe in das “Haus der Sinne” in der Ystader Straße gekommen waren, um etwas über den aktuellen Stand der Planungen zum unter dem Mauerpark vorgesehenen Mischwasser-Stauraumkanal zu erfahren.
Wirklich Neues hatten die Vertreter des Berliner Wasser-betriebe (BWB) nicht zu berichten. Also wurde das Projekt als solches noch einmal erklärt: Um bei starken Regenfällen ein Überlaufen der ungeklärten Abwässer in Spree und Panke zu verhindern, bauen die Wasserbetriebe Auffanganlagen in das Kanalisationssystem ein.
Jene unter dem Mauerpark werde ein Rohr mit vier Metern Durchmesser und einem Fassungsvermögen von 70.000 Kubikmetern sein.
Die Anschlussstellen der Megaröhre befinden sich an den Kanalisationsknoten Eberswalder/ Ecke Schwedter Straße und am Ausgang des Mauerparks an der Gleimstraße.
Das Rohr soll unterirdisch im Schildvortrieb eingebracht werden, dazu bedarf es lediglich einer Einstiegs- und einer Ausstiegsgrube an den genannten Kanalisationsknoten.
Bereits seit Januar dieses Jahres ist bekannt, dass die Trasse direkt unter dem Pflasterweg des Mauerparks geführt werden soll; ebenso alt ist die Entscheidung, ganzjährig zu bauen und nicht, wie einst angedacht, nur im Winter – was die Bauzeit von fünf auf zwei Jahre verkürzen soll. Kaum war die Fragestunde eröffnet, meldete sich Rainer Krüger von der “Bürgerwerkstatt Mauerpark” zu Wort, um die Ernsthaftigkeit der Wasserbetriebe bei der Suche nach der besten Lösung für das Projekt in Frage zu stellen:
Es gebe ein Unternehmen, dass anstelle der Röhren eine andere, möglicherweise kostengünstigere und bessere Stauraum-Technologie anbiete, als die von den Berliner Wasserbetrieben bevorzugte. Das Angebot sei von den Wasserbetrieben offenbar nicht sorgfältig geprüft wurde.
Als die Antwort darauf mit den Worten “Laut des Prospek-
tes der Firma…” begann, sah sich Krüger bestätigt: “Wer nur in den Prospekt sieht, hat nicht sorgfältig geprüft. Das ist ein reiner Schaulauf hier.”
Erhebliche Verkehrseinschränkungen
Heiner Funken vom Bürgerverein Gleimviertel zweifelte daran, dass die Verlegungsarbeiten tatsächlich nur zwei Jahre dauern würden. Flankiert wurden seine Bedenken durch die Wortmeldung einer Anwohnerin aus der Paul-Robeson-Straße, die berichtete, dass sich die Wasserbetriebe bei Rohrleitungserneuerungen in ihrer Straße an keine der vorher angekündigten Fristen gehalten hätten und sich die Arbeiten schier endlos hinzogen.
Für den Verkehr bedeutet die Errichtung des Misch-wasserkanals trotz des unterirdischen Vortriebs enorme Einschränkungen. So wird wohl die Bernauer/Eberswalder Straße gesperrt und der Straßenbahnverkehr unterbrochen werden müssen, weil unmittelbar im Eingangsbereich des Mauerparks nicht nur der “Einstieg” des Schildvortriebes befinden wird, sondern auch Rohrablageplätze, Kran und Bauarbeiterstützpunkte ihren Platz haben sollen (siehe Grafik links).
Auch im Wohngebiet um die Kopenhagener Straße und den Falkplatz wird es zu nicht unerheblichen Einschränkungen kommen. So soll der Gleimtunnel wegen der in unmittel-
barer Nachbarschaft befindlichen „Ausstiegsgrube“ des Schildvortriebs geschlossen werden – soviel konnten die BWB-Vertreter schon verraten.
Doch wie dann welcher Verkehr fließen sollte – Fehlanzeige Dabei waren nicht wenige Besuchern der Infoveranstaltung, die zumeist in der Kopenhagener und den umliegenden Straßen wohnen, in der Hoffnung erschienen, hier nun etwas genaueres über die zu erwartende Belastungen durch einen möglichen Umleitungsverkehr zu erfahren.
Sie fürchten, dass die Straßen des Wohngebiets für den Durchgangsverkehr geöffnet werden – und sich das dann nach Abschluss der Bauarbeiten verstetigen könnte.
Doch BWB-Sprecher Staphan Natz hob die Hände: Man habe noch keine Vorstellungen von einem Verkehrskonzept. Was Gleimviertelvertreter Heiner Funken mit dem Ausruf: “Frechheit!” quittierte. Natz konterte: “Dafür ist dann die Straßenverkehrsbehörde des Bezirksamtes zuständig.”
„Ein bis zwei Bäume…“
Bis zu 50.000 Menschen täglich besuchen in Hoch-Zeiten den Mauerpark – die überwiegende Anzahl nutzt den Eingang in der Bernauer Straße. Doch wie die Besucher nach Einrichtung der Baustelle am Parkeingang hinein kommen, ist ebenfalls noch nicht geklärt.
Dafür konnte Wasserbetriebs-Kommunikator Stephan Natz verkünden, dass die äußere Gestaltung der Baustellen-einrichtung dem Mauerpark als kulturellen Treffpunkt Tribut zollen werde. Alexander Puell vom Verein “Freunde des Mauerparks” entgegnete: „Sie wollen aus der Arbeit Kultur machen, uns geht es aber um die Kultur im Park.”
Als BWB-Planerin Andrea Krawczyk nebenbei erwähnte, dass im Zusammenhang mit der Baustelleneinrichtung wohl auch “ein oder zwei Bäume” gefällt werden müssten, fragte Heiner Funken (Bürgerverein Gleimviertel) gleich noch mal nach: “Also Maximum zwei?” Natürlich nicht. Doch wieviel vom Baumbestand im Eingangsbereich des Parks fallen muss, wusste Andrea Krawczyk nicht zu sagen.
Alles kein Grund zur Beunruhigung, meinte BWB-Sprecher Stephan Natz am Ende der Veranstaltung. Denn außer, dass der Stauraumkanal gebaut wird, stehe noch gar nichts fest. Nicht einmal die Technologie der Mischwasser-
regulierung. Die EU-weite Ausschreibung des Projekts erfolgt erst 2016 – und frühestens ein Jahr später werde mit den Arbeiten begonnen.
Immerhin: Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner sagte zu, in bereits absehbarer Zeit zu einer Bürgerversammlung einzuladen, bei der dann mit etwas mehr Substanz über ein Verkehrskonzept diskutiert werden soll.
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who_cares
Sep 12. 2014
Hmm ich fasse also mal zusammen:
– Der Gleimtunnel, (leider) eine Der Hauptverkehrsverbindungen zwischen P.Berg & Wedding wird für die Dauer der Bauzeit dicht gemacht?
– Die Eberswalder Str./Bernauer Str., ebenfalls eine wichtige Verkehrsverbindung zwischen P.Berg & Wedding/Mitte und Alternative der o.g. Strecke wird ebenfalls für die gesamte Dauer gesperrt?
– Die Tram die gerade erst aufwendig verlängert wird, wird ebenfalls unterbrochen?
Ein geeignetes Verkehrskonzept scheint tatsächlich nicht zu existieren, ansonsten würde Mensch einen derartigen Unfug (s.o.) nicht in Betracht ziehen. Abgesehen von den paar Bäumen die man dazu halt noch fällen muss…. so, eins, zwei oder zehn, oder zwanzig…
Das kann ja heiter werden……