Der Platz hat etwas Verwunschenes. Hohe, undurchdringlich scheinende Büsche umgeben ihn, und dort, wo der Blick frei wird sind unter dicht bewachsenen Pergolen ein paar verwitterte Bänke zu erkennen. Im Zentrum ein kleines, umfriedetes Areal mit Sandhaufen, die ebenfalls langsam von der Vegetation in Besitz genommen werden, und einige, aus dem Boden herausgebrochenen wabenförmigen Betonelementen. Das alles erweckt den Eindruck, als sollte hier mal irgend etwas gebaut werden und der Platz noch bevor das Werk vollendet war, von den Erbauern fluchtartig verlassen wurde.
Das Schild steht noch da. „Sanierung und Umbau Spielplatz I“ ist dort zu lesen. Und: „Fertigstellung 2014“.
Den Spielplatz gibt es bereits seit über zehn Jahren. Durch die lange und intensive Nutzung – auch eine Kita schaute hier fast täglich vorbei – wurde er irgendwann sanierungsreif.
Die Landschaftsarchitektin Brigitte Gehrke erhielt daher vom Bezirksamt Pankow den Auftrag zur Neugestaltung, Kinder der nahe gelegenen Grundschule entwarfen die Spielgeräte für den Platz.
Was im Herbst 2013 dann beim Versuch des Einbaus der
mannpark so: „Beim Versuch der Montage dieser Spielge-
räte wurde die unter dem Sand sowie den Lochsteinen befindliche Sicherungsfolie durchstoßen. Danach austreten-
des Wasser roch unangenehm.“
Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner ließ darauf-
hin den Platz sperren und gab beim Pankower Umweltamt ein Gutachten in Auftrag, das das Spielplatzgeländes auf eventuelle Schadstoff-Kontaminationen untersuchen sollte. Das Gutachten liegt offenbar seit September vor.
In der Folge kündigte Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner an, den Spielplatz endgültig schließen und die Flächen planieren zu lassen. Denn die Gutachter sollen Schadstoffe auf dem Gelände nachgewiesen haben. Gerüchteweise ist von „Aromatischen Kohlenwasserstoffen (BTEX)“ oder „Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)“ die Rede. „Gerüchteweise“ deshalb, weil außerhalb des Bezirksamtes bisher niemand Einblick in die Untersuchungsergebnisse erhalten hat.
Geschichtsträchtiger Boden – altlastenreicher Untergrund
Der Thälmannpark wurde auf dem Gelände der 1873 in Betrieb genommenen „Gasanstalt Danziger Straße“ errichtet. Bis 1981 wurde in dem einst größten Berliner Gaswerk aus Steinkohle Stadtgas produziert. 1915 wurde der Betrieb um eine Anlage zur Herstellung von Benzol – damals ein wichtiger Stoff für die Benzinherstellung – erweitert.Begriffe wie „Umweltschutz“ und „Emissionsschutz“ waren zur damaligen Zeit noch nicht bekannt, und so verpestete die Gasanstalt die Luft der näheren Umgebung beträchtlich. Noch Ende der 1960er Jahre konnte man bei Annäherung an die Greifswalder oder die damals Dimitroffstraße gehei-
ßene Danziger Straße das Werk riechen, längst bevor es im Blickfeld erschien. Nicht weniger intensiv, dafür aber umso nachhaltiger, war die Verseuchung des Bodens mit allerlei Kohlenwasserstoffen.
Als das 1981 Werk endlich stillgelegt wurde und auf dem Gelände der Wohnkomplex „Ernst-Thälmann-Park“ enste-
hen sollte, fand zwar ein Austausch des im Zeitraum von über 100 Jahre mit allerlei hochgiftigen Stoffen angereicher-
ten Bodens statt, doch längst nicht so nachhaltig, wie es erforderlich gewesen wäre.
Nachdem Anfang der 1990er Jahre Anwohner auf unange-
nehme, offenbar dem Boden entweichende Gerüche auf-
merksam machten, wurde nochmals ein vier Meter tief gehender Bodenaushub veranlasst. In tiefer gelegenen Schichten sind allerdings nach wie vor Rückstaände aus der Gas- und Benzolproduktion verblieben.
Außerdem war (und ist) auch das Grundwasser kontaminiert. In den 140 Jahren seit der Betriebsaufnahme des Gaswerks hat sich laut Aussage der Senatsverwaltung für Stadtentwick-
lung und Umwelt eine etwa 550 Meter lange und 50 bis maximal 250 Meter breite Fahne mit BTEX (Benzol, Tolnol, Ethylbenzol, Xylole) in südöstliche Richtung bis zur Marien-
burger Straße ausgedehnt.
Um die Schadstoffwanderung zu stoppen, hat man Brunnen errichtet, aus denen Grundwasser abgepumpt wird, um so ein weiteres Abfließen der „Fahne“ zu verhindern. Darüber hinaus ist eine Grundwasserreinigungsalage installiert worden, die kontaminiertes Wasser ansaugt, es reinigt und das schadstofffreie Nass dann wieder in den Boden presst.
Anwohnervorschläge zur Spielplatzsanierung wurden ignoriert
Günter Hahn von AG Altlasten der Anwohnerinitiative wandte sich daraufhin an Bezirksstadtrat Kirchner, um ihm einen Vorschlag zur Sanierung des Spielplatzes zu unterbreiten. Reaktion: Keine.
Stattdessen bekräftigte der Stadtrat gegenüber der Prenzl-
berger Stimme seinen Willen, den Spielplatz geschlossen zu halten. Die einst für diesen Platz geschaffenen Geräte sind derzeit eingelagert und sollen nach Kirchners Vorstel-
lungen auf einem anderen Platz im Park aufgestellt werden.
Die Geheimniskrämerei im Bezirksamt stößt mittlerweile nicht nur bei den Anwohnern auf Unverständnis – auch Landschaftsarchitektin Brigitte Gehrke ist genervt. Erst in der vergangenen Woche, so Frau Gehrke, habe sie an einer Zusammenkunft im Pankower Umweltamt teilgenommen, doch auch diesmal sei ein Einblick in das Gutachten nicht möglich gewesen. Genauso wie die Anwohner, verlangt auch sie mehr Transparenz vom Pankower Bezirksamt Außerdem ist sie der Ansicht: „Der Thälmannpark ist ja nun Förderkulisse geworden, da werden doch wohl Mittel für die Beseitigung von Schadstoffen vorhanden sein.“
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“Wir wollen hier rein!”