Kastanienallee: Nadelöhr oder Sackgasse?

Gegen 22.10 Uhr machte Stefanie Remlinger den zu diesem Zeitpunkt einzigen noch von allen Anwesenden vorbehaltlos akzeptierten Vorschlag: Raucherpause. Davor wurde zwei Stunden lang erklärt, diskutiert, gestritten – und die Positionen schienen verhärteter denn je.
Von dem sanften Optimismus, den das Treffen eine Woche zuvor noch erzeugt hatte, war an diesem Donnerstag nichts mehr zu spüren. Die Diskussionen zerfaserten zusehends , eine Linie wurde nicht gefunden und manche Fronten scheinen sich nun wieder zu verhärten.

Der Tagesplan schien klar: Vorstellung eines Konzeptes mit der Ansage: Was ist für die Autoren verhandelbar, und was nicht. Dann Fragen zum Konzept. Dann der nächste Vorschlag – gleiches Procedere. Soweit die Vorgabe – eingehalten wurde sie von Anfang an nicht.

Begonnen wurde mt der „amtlichen“ Planung.
Ordnungsstadtrat Jens-Holger Kirchner stellte das allbekannte, aber von vielen Anliegern abgelehnte Projekt noch einmal in den Raum – und machte klar: „Unantastbar“ seien die Bäume, der Anspruch „Verkehrssicherheit für alle“ und „Moblilität für alle“. Auch denkmalschützerische Aspekte seien ihm wichtig.

So werden bei der Neugestaltung der Gehwege weitestgehend bereits vorhandenen Granitplatten verbaut und nur vereinzelt durch neue ergänzt. Allerdings werde die Lage der Platten „optimiert“, das heißt, sie werden weiter von den Häusern entfernt verlegt. Das sei auch günstiger für die Gewerbetreibenden. „Das sehen die Gewerbetreibenden aber anders“, konterte Sebastian Mücke, Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens gegen den Umbau und selbst Geschäftsinhaber in der Kastanienallee. Tags zuvor hätten sich über dreißig Gewerbetreibende der Kastanienallee getroffen und sich einhellig gegen den geplanten Umbau ausgesprochen:

„Wir wollen keine modernisierte Straße!“ Jens-Holger Kirchner hielt dagegen: Die von der BVV beschlossene Planung mache die Bürgersteige größer – 320 Quadratmeter würden an Gehwegfläche hinzukommen. Allerdings musste er später zugeben, dass dies eine „Brutto“-Angabe ist: Der Zugewinnn läge vor allem zwischen den Parktaschen – jenen Einbuchtungen in den Gehwegen, die als Parkmöglichkeiten vorgesehen sind. Also machte Kirchner ein weiteres Angebot: „Ich bin bereit, an bestimmten Stellen der Kastanienallee die Parktaschen ganz wegzunehmen.“
Gegen die Parktaschen insgesamt argumentierte Carambolage“ -Aktivist Frank Möller, der sich außerhalb von Berlin aufhielt und deshalb via Internet an der Diskussion

“ teilnahm. Sein Vorschlag: Eine nur drei Zentimeter hohe, aber gerade verlaufende Bordsteinkante soll das Parken auf verbreiterten Bürgersteig ermöglichen. Dort, wo das Parken nicht gestattet sei, sollten „Stadtmöbel“, also Bänke, Blumenrabatten oder Fahrradbügel installiert werden. Möller: „Dieses Zickzack der Bordsteinkante wird damit vermieden.“
Jenes „Zickzack“ bemängelte auch Anwohner Alexander Haferbeck – genausowenig kann er aber Möllers Variante abgewinnen: Keine Autos auf dem Gehweg! Unterstützt wurde sein Ansinnen von Sebastian Mücke: In der gesamten Kastanienallee sollte Parkverbot herrschen. Desweiteren fand er es verwunderlich, dass ausgerechnet mit

Geldern aus dem Fonds für städtebaulichen Denkmalschutz das Gesicht der Straße derart verändert werden soll, dass es denkmalspflegerischen Grundsätzen eigentlich Hohn spreche. Cornelius Bechtler, grüner Bezirksverordneter, klärte ihn auf, dass der Topf, aus dem die Gelder fließen, nur aus historischen Gründen so heißt: „Früher wurden mit diesen Mitteln Schlösser und Burgen restauriert“ – heute sei das ein Instrument der städtebaulichen Umgestaltung.
Dass tatsächlich erst die Gelder vom ehemals nur für den Denkmalsschutz vorgesehen Budget die Planung für die umfassende Sanierung der Kastanienallee möglich machten, bestätigte Tiefbauamt-Planer Jörg Beuge.

Ursprünglich war – so wie jetzt von vielen gefordert – nur eine Reparatur des Gehwegs vorgesehen. Aber seitens des Senats, der bei Baumaßnahmen in Hauptstraßen das letzte Wort habe, sei dann der umfassende Umbau favorisiert worden. Diese Nachricht brachte neuen Unmut in die Runde: Warum wurden die Anlieger nicht schon in die ersten Planungen miteinbezogen?

Fassbare Ergebnisse brachte der Abend keine. Am Ende hatte man sogar Schwierigkeiten, einen Termin für ein nächstes Treffen zu finden. Schließlich einigte man sich auf den 20. Dezember. Zwei Tage vorher findet in der Kastanienallee eine Demonstration gegen den Umbau statt.

 

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