Dieser Teil der Wackenbergstraße hat etwas unwirkliches. Rechterhand grauverwitterte Betonmauern, an der so alle zehn, fünfzehn Meter Abständen Schilder angebracht sind, auf den in verblassten roten Großbuchstaben „BETRETEN VERBOTEN!“ geschrieben steht. Unklar, ob damit die Mauer oder der davor liegende Grasstreifen gemeint ist.
Dahinter im selben trostlos-trutzigen Steingrau ein verwittertes Gebäude, das an eine vergessene Fabrikruine aus fernen DDR-Zeiten erinnert. Tatsächlich ist es eine Sporthalle. Die wurde für den Dienstsport der Polizei genutzt, auch die
Handballer des PSV Berlin trainieren hier. Im vergangenen Jahr wollte die Polizei die Halle schließen, doch zwei Jugendtrainer des PSV baten die Abgeordneten Gottfried Ludewig und Dirk Stettner – beide Christdemokraten sind Mitglieder im Sportausschuss des Berliner Parlaments – um Unterstützung für den Erhalt der der Trainingsstätte. Mit Erfolg.
Doch seit dem vergangenen Wochenende ist es mit dem Training erst einmal vorbei. Die Halle wird für die Unterbringung von Flüchtlingen benötigt, das hat Vorrang – günstiger als die Inanspruchnahme als einer weiteren Schulsporthalle ist es allemal.
Der Eingang zu Gelände liegt etwas versetzt und ist nicht gleich zu finden. Vor dem Eingang an der Stirnseite weisen zwei Security-Angestellte in ein kleines Büro. Dort sitzt Rüdiger Böhringer vom Betreiber Sanctum Homes GmbH, ist mit einer Frau und zwei Männern im Gespräch. Zum Abschluss schwört er die beiden jungen Männer auf die kommenden Aufgaben ein: „Ihr seid jetzt ein Team.“ Dann nimmt er sich kurz Zeit für den Besucher.
„Am Freitag hatten wir die Halle übernommen“, erzählt Rüdiger Böhringer , „am selben Tag kamen die Betten – nur die Bodenplatten, die in der Halle ausgelegt werden sollten, wurden nicht geliefert.“
Am Montag Abend war dieses Problem behoben, die Bundeswehr baute die Betten auf und kurz darauf kamen die Busse mit den ersten Flüchtlingen. 104 waren es beim Besuch der Prenzlberger Stimme, vierzig Prozent Syrer, vierzig Prozent kommen aus Afghanistan, der Rest sind Tschetschenen. Platz ist hier nach Angaben von Rüdiger Böhringer für 120 Menschen. Rüdiger Böhringer zeigt die Halle mit den Betten – niemand ist derzeit anwesend: „Alle beim LAGeSo, wegen der Registrierung.“ Freiwillige Helfer haben sich auch schon gemeldet. Allerdings, sagt Böhringer, hatte er bisher keine Zeit, darauf einzugehen: „Erstmal mussten wir hier den Einzug organisieren.“
Der Unterkunftsleiter stammt aus Kabul
Rüdiger Böhringer hat bereis einige Erfahrung mit der Flüchtlingsversorgung. Als Leiter einer Unterkunft in der Friedrichshainer Gürtelstraße geriet er in die Auseinandersetzungen um die Flüchtlingsproteste am Oranienplatz. Später machte er Schlagzeilen, als er bei Hertha BSC für die Bewohner der Unterkunft ein dreiviertelhundert Karten für ein Bundesligaligaspiel im Olympiastadion lockermachte. Erst kürzlich hatte er die Einrichtung einer Notunterkunft in der Zehlendorfer Thielallee organisiert.
Die ersten Tage in der Wackenbergstraße hatte Rüdiger Böhringer die Aufgaben zusammen mit acht Security-Leuten zwei Sozialarbeitern zu stemmen. Weitere Betreuer sollen zeitnah eingestellt werden.Das nächste, was ansteht, erzählt Böhringer, sei der Deutschunterricht für die Flüchtlinge: „Zur Grundversorgung gehören ein Dach über den Kopf, Essen und Trinken sowie Deutsch lernen.“ Dann stellt er den künftigen Leiter der Notunterkunft vor: Suleyman Sultani, geboren in Afghanistan, hat in Kabul Germanistik und deutsche Literatur studiert. „Er war Dolmetscher bei der Bundeswehr. Jetzt ist er Deutscher.“
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Daniel Jech via Facebook
Okt. 05. 2015
Unglaublich