Es begann als Posse, es lief als Posse und es endete als Posse.
Der Pankower AfD-Fraktionschef Stephan Wirtensohn hatte den von ihm und seiner seiner Fraktion ausgewählten Bürgerdeputierten Andreas Geithe als Nazi – genauer: als ehemaliges Mitglied der verbotenen „Nationalistischen Front“ und einer ihrer Nachfolgeorganisationen – „enttarnt“ und war der Ansicht, wenn ihm die Enttarnung gelungen sei, bekäme die „Antifa“ das auch bald heraus. Und das würde dem Ansehen der Partei schaden. Also stellte Wirtensohn in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) einen Abwahlantrag gegen seinen eigenen Bürgerdeputierten, über den nach seinem Wunsch unter Ausschluss der Öffentlichkeit entschieden werden sollte.
Geithe, nicht faul, reagierte mit einem Brief an den Fraktionsvorsitzenden. Wirtensohn habe „in der Ihnen eigenen Art lediglich schludrig zusammengetragene Informationen zum Anlass genommen, im ‚großen Verteiler‘ über mich herzuziehen. Die von Ihnen (…) als ‚fundiert‘ bezeichneten ‚eindeutigen‘ Sachverhalte sind bei genauerem Hinsehen nichts als haltlose Unterstellungen und vage Vermutungen“.
Funfact: Wirtensohn hatte die Belege für Geithes NF-Vergangenheit – ausgerechnet!– aus dem „Antifaschistischen Infoblatt“ entnommen. Mithin von jenen, die von Geithes illegalem Vorleben nichts erfahren sollten.
Als Deckblatt für den Briefes nutzte er ein Foto, das ihm Wirtensohn im Dezember 2017 aus dem Urlaub per SMS geschickt hatte. Darauf posiert Wirtensohn mit einem Schnellfeuergewehr, unterschrieben war das Bild mit „Antifaneutralisator :-)“
AfD-Abgeordneter Herbert Mohr Beklagte mit Fake-Identität angeblichen „Fake“
Als die Prenzlberger Stimme Brief und Foto in die Hände bekam, rercherchierte sie nach Andreas Geithe und fand einen – eigentlich recht übersichtlichen – Twitteraccount mit dessen Namen.
Neben einigen Retweets und von Meuthen, Weidel und Poggenburg, kommentierte der Accountinhaber einen retweeteten Bericht über eine Schlägerei unter Flüchtlingen mit: „wir sollten eine SA gründen und aufräumen!“Nicht lange, nachdem die Prenzlberger Stimme das veröffentlicht hatte, meldete sich der AfD-Abgeordnete Herbert Mohr per Kommentar und behauptete, der Twitter-Account sei ein Fake.
Lustigerweise tat das Mohr erst einmal selbst mittels einer Fake-Identität namens Lars Müller.
Geithe, so erklärte Mohr, sei überhaupt nicht im Internet unterwegs und habe noch nie einen Twitteraccount besessen.
Das sah AfD-Mann Olaf Busch, ehemaliger AGH-Kandidaten für Weißensee, etwas anders und twitterte zurück:
Wie dem auch sei: der Account mit dem SA-Gründungsaufruf ist noch immer Online.
Geithe ist Vermieter der Pankower AfD-Zentrale
Busch wurde in Geithes Brandbrief als „Sicherheitsberater der Fraktion“ bezeichnet und war offenbar an den Recherchen gegen den AfD-Bürgerdeputierten beteiligt.
Sichtbar wurde durch diese Intervention des AfD-Abgeordneten Mohr der tiefe Riss innerhalb der Pankower AfD. Der offenbarte sich bereits mit dem Fraktionsausschluss desGeithe nahe stehenden Bezirksverordneten Andreas Holder, dem zur Last gelegte wurde, die NPD-Postille “Hier & Jetzt“ abonniert zu haben. Ein Parteiausschlussverfahren, das gegen Wirtensohn läuft, soll dem Vernehmen nach unter anderem mit dem Rauswurf Holders aus der Fraktion begründet worden sein.
Gegenüber dem Tagesspiegel behauptete der AfD-Abgeordnete Ronald Gläser aber nun, das Verfahren wurde wegen der „Antifaneutralisator“-Bilder eingeleitet, was aber wenig wahrscheinlich ist: Die Fotos, auf denen Wirtensohn mit einem Schnellfeuergewehr posiert, wurden von ihm bereits im Dezember 2017 zumindest an die Parteifreunde Gläser und Geithe verschickt.
Während Fraktionschef „Antifabeutralisator“ Wirtensohn peinlich darauf bedacht ist, seinen Trupp den Anschein einer braven Bürgerfraktion zu erhalten, sind die Pankower Mandatsträger aus dem Abgeordnetenhaus wesentlich robuster. Wohl auch, weil Andreas Geithe Eigentümer der Pankower „Parteizentrale“, das ehemalige Restaurant „Pascal“ in der traße Alt-Blankenburg gehört, das er an den Bezirksverband der AfD vermietet hat. Man braucht sich halt.
Mehrheit der Bezirksverordneten verweigerte die Stimmabgabe
So kam Andreas Geithe am Mittwoch zur Abstimmung dann auch in Begleitung des Abgeordneten Christian Buchholz in den BVV-Saal. Auf die Gelegenheit, der Prenzlberger Stimme selbst auf den angeblich nicht von ihm stammenden Twitteraccount anzusprechen, verzichtete er ebenso, wie der ihn begleitende Abgeordnete.
Die Abstimmung über den Antrag von Wirtensohn wurde auf Beschluss der BVV dann doch öffentlich durchgeführt – wenn auch in geheimer Wahl.
Das Ergebnis war schnell ausgezählt. Elf Bezirksverordnete stimmten für den Antrag, Geithe abzuberufen, sechs dagegen, vier enthielten sich. Damit war die Sache gescheitert, denn zu einer Abwahl hätten mindestens zwei Drittel – also 37 Bezirksverordnete – dem Antrag zustimmen müssen. Die meisten aber hatten gar keine Stimme abgegeben.
Rainer Tetsch
Apr. 12. 2019
Da decken die genannten Personen evtl. einen Schankwirt, der noch nicht einmal Mitglied ist in dieser Partei. Sägt aber eifrig an den Stühlen eines Mandatsträgers der für diese Partei gewählt wurde. Wahnsinn.
Daniel
Apr. 15. 2019
Geht doch mit Sicherheit als Posse weiter.