Parkraumbewirtschaftung Legienviertel: Beginn wahrscheinlich am Sankt-Nimmerleins-Tag

 

Nun ist es so gut wie amtlich: Die von vielen Anwohnern der Wohnstadt Carl Legien herbeigesehnte Parkraumbewirtschaftung ihres Kiezes wird erst am Sankt Nimmerleinstag erfolgen. Sollte der in ein Wochenende fallen, geht’s allersdings erst am Montag darauf los.

Das jedenfalls ist aus einer „Stellungnahme zur Kenntnisnahme“ des Bezirksamtes an die Bezirksverordneten zu schließen, deren Kernsatz lautet:

„Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen ist nunmehr zu prüfen, ob die Einrichtung des reinen Anwohnerparkens unter Beachtung des haushaltsrechtlichen Gebots der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz in Hinblick auf die Verbesserung der Parkraumsituation für die Anwohner realisierbar ist.“

Das Lustige an der Sache: Das Bezirksamt hat schon längst geprüft – und die Realisierung für machbar der Parkraumbewirtschaftung auch unter den „veränderten Rahmenbedingungen“ für machbar erklärt.
 

Ohne zusätzliche Stellen

Das Gezerre um die Parkraumbeirschaftung im und rund um das legienviertel dauert nun fast schon ein halbes Jahrzehnt.

Im Oktober 2014 hatte sich der BVV-Ausschuss für Verkehr und öffentliche Ordnung dafür ausgesprochen, eine Machbarkeitsstudie für eine weitere Parkraumbewirtschaftungszone für das Gebiet rund um die Wohnstadt Carl Legien mit der Begrenzung Prenzlauer Allee, Ostseestraße, Greifswalder Straße und der Ringbahn in Auftrag zu geben.

Im September 2015 wurde die Studie vorgestellt, die eine Notwendigkeit der Einrichtung einer kontrollierten Parkraumzone bejahte. Also fasste die Bezirksverordnetenversammlung im Januar 2016 einen entsprechenden Beschluss – mit einer Besonderheit: Da der Parkdruck durch Nichtanwohner vor allem in den Tagesstunden besonders hoch ist, sollte die kontrollierte Gebührenpflicht nur bis 20 Uhr gelten.

Da man im Bereich der Grünen Stadt die Zeit aus dem selben Grund ebenfalls auf 20 Uhr herabsetzen wollte, wäre ein Einrichtung der Parkzone ohne zusätzliche Parkraumüberwacher möglich. Als Starttermin wurde der 1. März 2017 festgelegt.
 

Bezirksamt bestätigte Wirtschaftlichkeit trotz geringerer Stellplätze

Doch dann kamen im September 2016 – offenbar ganz unerwartet – die regulären Berlin-Wahlen dazwischen und danach war das der AfD zugeordnete Amt des Ordnungsstadtrats auf Grund eines Mangels an ministrablen Kandidaten monatelang unbesetzt – was die Sache auch nicht eben beschleunigte.

Dazwischen platzte dann noch ein Einspruch der Landesdenkmalbehörde, die sich die Aufstellung der markanten Parkscheinautomaten im Bereich des denkmalgeschützten Weltkulturerbes „Wohnstadt Carl Legien“ verbat.

So fasste man im Sommer vergangenen Jahres den Beschluss, innerhalb der denkmalgeschützten Wohnstadt nur reines – kostenfreies – Anwohnerparken anzuordnen, dadurch würden dann allerdings auch mit nur rund 1.700 Stellplätzen bedeutend weniger bewirtschaftet werden, als die ursprünglich vorgesehenen 2.400.

Das war das, was Bezirksstadtrat Kuhn nun als die „veränderten Rahmenbedingungen“ bezeichnete. Doch das Bezirksamt erklärte damals, dass die Pankower Parkraumbewirtschaftung auch dadurch nicht in die Roten Zahlen gerät.

In dem Beschluss hieß es dann auch:

„Mit der Vorlage des Bezirksamtes vom 14. September 2017 wurde dargelegt, dass die beschriebenen Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung samt einer integrierten Anwohnerparkzone wirtschaftlich betrieben werden kann, da nach anfänglichen Investition für die Automaten etc. im Jahr 2019 Einnahmen erwirtschaftet werden können, die die Bewirtschaftungskosten übersteigen und so auch die Investitionen wieder refinanziert werden können.“

Als Starttermin wurde nun der 1. April 2019 ausgegeben.

 

Plötzlich: Alles auf Anfang

Das Datum hätte es ahnen lassen können – das wird nix!

Also überraschte im Februar dieses Jahres der nunmehr dafür zuständige Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (Bündnis 90/ Die Grünen) die Bezirksverordneten im Verkehrsausschuss mit der Ansage, dass mit einer Parkraumbewirtschaftung im und rund um das Carl-Legien-Viertel frühestens ab Ende 2020 zu rechnen sei.

Wegen der möglichen Kosten, die vielleicht und unter Umständen den möglicherweise durch die Einnahmen nicht gedeckt werden könnten.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Roland Schröder nannte Kuhns Ausführungen daraufhin „nicht akzeptabel“. All dies, was der Stadtrat anführe, sei bereits im Sommer vergangenen Jahres geklärt worden. Schröder damals: „Jetzt zu sagen, es muss alles nochmal durchgerechnet werden, halte ich für eine platte Verzögerung.“

Weil der April 2019 nun aber eh nicht mehr zu halten war, drängten die Bezirksverordneten darauf, mit der Bewirtschaftung in der ersten Hälfte des Jahres 2020 zu beginnen.

 

Früher dauerte die Einrichtung eines doppelt so großen Gebietes neun Monate

Daraus wird nun geht es nach Stadtrat Kuhn – mit Sicherheit nichts mehr. Da Stadtrat Kuhn, der Aussagen des Bezirksamts von 2017 betreffs die Wirtschaftlichkeit grundsätzlich in Frage stellt und deshalb das längst Geprüfte nun noch einmal überprüfen will, macht auch für den Fall, dass die Prüfung wiederum positiv verlaufen sollte, klar, dass es auch im ersten Halbjahr 2020 nichts mehr wird:

„Aufgrund der erforderlichen europaweiten Ausschreibung ist eine Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung nicht vor Mitte 2020 zu erwarten.“

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses Wolfram Kempe (Linksfraktion) zeigte sich auf der BVV-Tagung empört: Er sei fassungslos, so Kempe, mit welcher Nonchalance der Stadtrat über den den Willen der BVV hinweggehe. Der BVV-Beschluss zur Parkraumbewirtschaftung rund um das Legienviertel datiere immerhin von 2018, der seinerseits auf noch frühere Beschlüsse zur selben Sache beruht. Kempe: „Und Sie tun hier so, als sei das gerade eben hier von Himmel gefallen.“ Als 2010 die ersten Zonen eingerichtet wurden, wären gerade mal eine Vorbereitungszeit von neun Monaten nötig gewesen.

 

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